Bericht aus der Kabinettssitzung vom 8. November 2022
1. Bayern setzt sich für bezahlbare Mieten trotz hoher Inflation ein / Ministerrat beschließt Bundesratsinitiative für neues Verfahren zur Anpassung von qualifizierten Mietspiegeln und zur Anpassung von Indexmieten
1. Bayern setzt sich für bezahlbare Mieten trotz hoher Inflation ein / Ministerrat beschließt Bundesratsinitiative für neues Verfahren zur Anpassung von qualifizierten Mietspiegeln und zur Anpassung von Indexmieten
Die Begrenzung des Mietenanstiegs in Zeiten steigender Energiepreise und hoher Inflation ist ein wichtiges Anliegen der bayerischen Staatsregierung. Menschen mit normalen Einkommen, Senioren und Familien müssen sich das Leben auch in Ballungsräumen weiter leisten können. Der Ministerrat hat deshalb eine Bundesratsinitiative zur „Ermöglichung von Mietspiegelanpassungen anhand des Mietpreisindex und Anpassung von Indexmieten“ beschlossen.
Qualifizierte Mietspiegel müssen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) alle zwei Jahren angepasst werden – entweder durch eine neue Datenerhebung oder anhand des Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts. Die Gemeinden nutzen meist die Indexanpassung, weil sie deutlich einfacher und kostengünstiger ist. Das Problem: Durch die aktuell hohe Inflation führt eine Indexanpassung zu großen Mietsprüngen. So hätte sich für einen im Juli 2020 erstellten Mietspiegel bei einer Anpassung nach dem Verbraucherpreisindex im Juli dieses Jahres bereits eine Steigerung von 11,6 Prozent ergeben. Die Gemeinden stehen somit vor der Wahl, ungewollt zum Mietpreistreiber zu werden oder von der einfachen und kostensparenden Indexanpassung keinen Gebrauch mehr zu machen. Hier will die Staatsregierung zum Schutz der Mieterinnen und Mieter einen pragmatischen Ausweg eröffnen.
Der Freistaat fordert deshalb vom Bund, dass qualifizierte Mietspiegel künftig auch durch einen Mietpreisindex angepasst werden können, der das derzeit deutlich unter der Inflation liegende Preiswachstum bei den Mieten abbildet. Dies würde einen wichtigen Beitrag leisten, die durch stark steigende Energie- und Heizkosten belasteten Mieterinnen und Mieter vor zusätzlichen erheblichen Mieterhöhungen zu schützen. Gleichzeitig sollen damit auch die Kommunalhaushalte entlastet werden, indem den Gemeinden die Möglichkeit gegeben wird, qualifizierte Mietspiegel auch ohne Rückgriff auf den Verbraucherpreisindex kostengünstig zu aktualisieren. Mit der Bundesratsinitiative wird die Bundesregierung aufgefordert, die rechtlichen Voraussetzungen hierfür zu schaffen.
Das Problem steigender Wohnkosten stellt sich in besonderer Weise bei Indexmietverträgen. Auch hier werden Mieterinnen und Mieter doppelt durch die steigenden Energiekosten belastet: Zusätzlich zu den stark erhöhten Betriebskosten müssen Mieterinnen und Mieter mit Indexverträgen mit deutlichen Mieterhöhungen entsprechend der Inflationsrate rechnen. Die Inflationsrate steigt zu einem wesentlichen Teil ebenfalls durch den Energiekostenanstieg. Die Justizministerkonferenz hat deshalb unter Vorsitz Bayerns auf ihrer Frühjahrstagung im Juni dieses Jahres beschlossen, dass Mieterinnen und Mieter mit Indexverträgen entlastet werden sollen. Der Bundesjustizminister wurde darin aufgefordert, die Einführung einer wirksam dämpfenden Regelung für die Erhöhung von Indexmieten zu prüfen, hat aber bislang nichts unternommen. Der Beschluss der Justizministerkonferenz wird mit der bayerischen Bundesratsinitiative ausdrücklich unterstützt.
2. Ministerrat beschließt Bundesratsinitiative zur Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch und Kinderpornografie / Rechtliche Spielräume für Speicherung von IP-Adressen zur Verbrechensbekämpfung nutzen
Die bundesweiten Fallzahlen bei Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinderpornografischer Schriften (§ 184b StGB) im Internet hat sich 2021 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Die Bayerische Staatsregierung setzt sich deshalb mit Nachdruck dafür ein, dass die Ermittlerinnen und Ermittler im Kampf gegen Kinderpornografie und sexuellen Kindesmissbrauch alles tun können, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Der Ministerrat hat deshalb die Bundesratsinitiative „Sexuellen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie u. a. bekämpfen – vom EuGH benannte Spielräume zur Speicherung von IP-Adressen zeitnah nutzen“ beschlossen.
Für die Bekämpfung schwerer und schwerster Straftaten, insbesondere von Kinderpornografie und sexuellem Kindesmissbrauch, ist insbesondere eine rasche Wiederbelebung der befristeten Speicherung von IP-Adressen notwendig. Sie sind oft der wichtigste oder sogar einzige Ermittlungsansatz, um Tätern im Internet auf die Spur zu kommen. Der Freistaat fordert deshalb die Bundesregierung auf, alle vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) eröffneten Spielräume zeitnah zu nutzen, um insbesondere IP-Adressen den Ermittlern zur Verfügung stellen zu können. Da die Ermittlungen häufig grenzüberschreitend sind und man unbedingt verhindern muss, dass Kriminelle fehlende oder besonders lockere Regelungen der Verkehrsdatenspeicherung in bestimmten Mitgliedstaaten der EU ausnutzen, will Bayern auch auf eine möglichst umfassende europäische Regelung hinwirken.
Mit der Bundesratsinitiative fordert der Freistaat vom Bund, was Ermittlungspraktiker als einzigen Weg für einen erfolgversprechenden Schutz im Internet ansehen: Die Rückverfolgbarkeit der IP-Adresse. Nur eine IP-Verkehrsdatenspeicherung macht es möglich, dass Straftaten im Internet aufgeklärt und laufender sexueller Kindesmissbrauch sofort gestoppt werden kann. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 20. September 2022 zu den deutschen Regelungen der Verkehrsdatenspeicherung klargestellt, dass zwar eine allgemeine und unterschiedslose Verkehrsdatenspeicherung nicht mit Unionsrecht vereinbar sei. Er hat aber auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Speicherung von IP-Adressen u. a. zur Bekämpfung schwerer Kriminalität im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zulässig ist, und IP-Adressen gerade bei der Verfolgung von Kinderpornografie den einzigen Ermittlungsansatz darstellen können.
Die Ampel-Koalition will statt der Verkehrsdatenspeicherung nur den sog. „Quick-Freeze“ oder „Log-in-Fallen“ erlauben. Das sind keine geeigneten Alternativen. Das „Einfrieren“ (Freeze) von Daten ist erst möglich, nachdem den Behörden eine Straftat bekannt geworden ist. Dann sind die Daten in der Regel aber längst gelöscht. Es kann auch nichts mehr eingefroren werden. Auch die „Log-in-Falle“ stellt keine echte Alternative dar, da diese voraussetzt, dass überhaupt ein Nutzerkonto bei einem bestimmten Anbieter bekannt ist, und dass der Nutzer sich auch weiterhin unter diesem Konto einloggt.
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Pressemitteilung Nr. 307 vom 8. November 2022( PDF 98.66 Kb)
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