Bundesregierung plant eine staatliche Wasserstoffgesellschaft und will jetzige Netzbetreiber ausbooten – Bayerns Staatsminister fordert einen schnelleren Weg
MÜNCHEN Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger hat die Bundesregierung aufgefordert, bei der Umstellung der Erdgasnetze auf Wasserstoff auf die regionalen Versorger zu setzen anstatt diese auszubooten. Aiwanger: „Wir brauchen eine rasche Umstellung der deutschen Gasnetze auf Klimaneutralität, also Wasserstoff. Dabei müssen wir auf die bestehende Infrastruktur unserer Versorger setzen, die diese Transformation bereits ab 2025 anpacken wollen und können. Nur durch die Experten vor Ort wird es gelingen, die nötige Geschwindigkeit aufzunehmen. Die Netzbetreiber kennen jede Schraube, jedes Rohr und jeden Bürgermeister vor Ort. Das ist die unschlagbare Voraussetzung für einen schnellen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Bayern und Deutschland.“
Die Bundesregierung hatte zuletzt durchblicken lassen, dass sie die Gründung einer staatlichen Wasserstoffnetzgesellschaft in Konkurrenz zu den bestehenden Erdgasnetzen plant. Aiwanger: „Es wäre ein fataler Fehler, hier ein komplexes Staatsprojekt zu planen und nicht auf die Kompetenz vor Ort zu setzen. Wir haben funktionierende regionale Strukturen, die wir jetzt schnellstmöglich für die Wasserstoffwende nutzen müssen. Der aufwendige Aufbau einer Parallelstruktur wäre ein teurer Holzweg. Das würde wieder Jahrzehnte dauern, dabei brauchen wir den Wasserstoff möglichst sofort. Die Bundesregierung sollte verstehen, dass der Staat nicht alles besser kann.“
Die deutschen Verteilnetzbetreiber haben unterdessen eine Initiative „H2vorOrt“ gegründet. Die 48 Mitglieder betreiben über 50 Prozent der deutschen Gasverteilnetze. „Unser Ziel ist es, den klimaneutralen Energieträger Wasserstoff über die bestehenden Gasverteilnetze für alle nutzbar zu machen und wollen bereits ab 2025 investieren“, erklärte der „H2vorOrt“-Vorsitzende Florian Feller bei einem Besuch im Bayerischen Wirtschaftsministerium.
Die Verteilnetzbetreiber fordern politische Klarheit und einen geregelten Investitionsrahmen für die Umstellung ihrer Netze. Aiwanger: „Die Verteilnetzbetreiber wollen bei der Umstellung auf Wasserstoff loslegen. Der Bund steht hier ideologisch im Weg und verunsichert anstatt zu helfen. Damit verzögert der Bund die Umstellung von fossilem Erdgas auf grünen Wasserstoff. Das ist eine Sabotage an der Energiewende. Herr Habeck muss hier endlich ein Machtwort gegenüber seinem Staatssekretär Graichen sprechen, der hier warum auch immer auf der Bremse steht.“
Nach Angaben der Verteilnetzbetreiber können bis 2030 große Teile der Netze wasserstofffähig gemacht werden („H2ready“). Mit einem Gasnetzgebietstransformationsplan (GTP) hat die Initiative „H2vorOrt“ ein bundesweites Planungssystem zur Dekarbonisierung der deutschen Netze initiiert. Teilnehmer sind zunächst 180 Gasverteilnetzbetreibe, darunter 54 mit Netzen in Bayern. Pilotprojekte werden vor Ort bereits konkret geplant. So sollen schon bald erste Häuser in Bayern testweise mit Wasserstoff anstatt Erdgas beheizt werden, wobei mit kleinen Anpassungen die bestehende Infrastruktur genutzt werden kann.
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