Elektrifizierung zwischen München und Lindau und neuer Knotenbahnhof Lindau-Reutin
- Länderübergreifendes Mega-Bahnprojekt geht zum Fahrplanwechsel in Betrieb
- Bahn investiert mit hoher Freistaatsbeteiligung über eine Milliarde Euro in den Korridorausbau
- Erstmals fahren elektrische Züge durchs Allgäu
Die Schweiz, Vorarlberg und Bayern rücken näher zusammen. Ab diesem Sonntag steht die Bahnstrecke von München nach Lindau für den regulären Betrieb unter Strom. Erstmals können damit elektrische Züge zwischen der bayerischen Landeshauptstadt München und der Schweizer Metropole Zürich verkehren. Bayerns Bau- und Verkehrsministerin Kerstin Schreyer und Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann bezeichneten die von der Deutschen Bahn in den letzten zwölf Jahren umgesetzte milliardenschwere Investition als Jahrhundertprojekt und großen Gewinn sowohl für die beiden Länder als auch für die Regionen entlang der Strecke.
Zwei Drittel der 155 Kilometer langen Ausbaumaßnahme liegen im Freistaat Bayern, ein Drittel im württembergischen Allgäu. Insgesamt kostete der Ausbau 1,12 Milliarden Euro, wovon mit 510 Millionen Euro knapp die Hälfte auf die Elektrifizierung und Beschleunigung zwischen Geltendorf und Lindau entfällt. Die restlichen Mittel wurden für sonstige Streckenmodernisierungsmaßnahmen eingesetzt, darunter 230 Millionen Euro für den Ausbau des Knotens Lindau mit dem neuen Festlandsbahnhof im Stadtteil Reutin. Verbesserungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) werden dann mit der Inbetriebnahme des neuen E-Netzes Allgäu zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021 wirksam.
Ministerin Schreyer sieht den Streckenausbau an den Bodensee in einer Reihe mit anderen sehr bedeutsamen Infrastrukturprojekten im Freistaat: „Der Ausbau ist nach der Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen München und Berlin für das bayerische Bahnnetz die wichtigste umgesetzte Maßnahme der letzten 20 Jahre. Nicht nur die internationale Dimension und die verbesserten Angebote im Personenverkehr machen ihn so besonders. Außerordentlich freue ich mich auch darüber, dass gerade auch die Anwohnerinnen und Anwohner entlang der Strecke massiv davon profitieren, weil es nun weniger Belastungen durch Schadstoffe und Lärm gibt.“ Letztlich markiere die Inbetriebnahme laut Schreyer sogar eine Zeitenwende im Allgäuer Bahnverkehr, denn die touristisch so wichtige Region bildete zusammen mit dem württembergischen Oberschwaben die bislang größte zusammenhängende Diesel-Insel im deutschen Bahnnetz mit bislang lediglich wenigen Kilometern Fahrdraht zwischen der Landesgrenze bei Bregenz zur Insel Lindau.
Verkehrsminister Winfried Hermann freut sich über den Abschluss der Bauarbeiten: „Ausbauprojekte wie die Elektrifizierung München – Lindau sind die Basis der Verkehrswende und ein weiterer Schritt hin zu einer nachhaltigen Mobilität. Zwischen München und Zürich wird die Bahn eine echte Alternative zum Auto. Auch im Nahverkehr werden die Fahrgäste in Zukunft von schnellen, stündlichen und elektrischen Verbindungen in Baden-Württemberg profitieren. Zusammen mit der Elektrifizierung der Südbahn von Ulm nach Lindau wird die Dreiländerregion auf einem neuen Bahnniveau miteinander umweltfreundlich verbunden.“
Den Durchbruch für den über lange Jahre hinweg immer wieder diskutierten Streckenausbau zwischen München und dem Bodensee hatten vor anderthalb Jahrzehnte Vorfinanzierungsangebote durch die Schweiz in Höhe von 50 Millionen Euro und durch den Freistaat Bayern in Höhe von 55 Millionen Euro gebracht. Der Bund, der Freistaat, die Schweizer Eidgenossenschaft und die Deutsche Bahn entwickelten dann ein bundesweit einmaliges Finanzierungskonzept für die Elektrifizierung und Beschleunigung. Der Freistaat hatte grünes Licht dafür gegeben, dass jenseits des Vorfinanzierungsangebots nicht nur rund 30 Millionen Euro als Landesmittelzuschuss fließen, sondern auch knapp 150 Millionen Euro aus einem für Schienennahverkehrsinfrastruktur-Investitionen in Bayern vorgesehenen Fördertopf des Bundes, der sogenannten LuFV Anlage 8.7. Eine ähnlich komplexe Finanzierungsstruktur weist auch der neue Knotenbahnhof auf dem Festland in Lindau-Reutin auf, der ebenfalls zum Fahrplanwechsel in Betrieb genommen wird. Der über 23 Millionen Euro teure Bahnhofsneubau, der im Übrigen seit über 15 Jahren der erste neue Fernverkehrsbahnhof im deutschen Bahnnetz außerhalb Berlins ist, wird hauptsächlich aus der Länderquote Bayern finanziert, ergänzt mit Zuschüssen des Freistaats und der Stadt Lindau. Die Fahrzeit zwischen München und dem neuen Lindauer Bahnhof verkürzt sich im Fernverkehr um eine knappe Dreiviertelstunde auf nun rund 110 Minuten.
Spatenstich für die Elektrifizierung war im März 2018 in Memmingen gewesen. Schreyer und Hermann zollten nun ihren Respekt, dass der geplante Zeitpunkt für die Inbetriebnahme trotz der großen Herausforderungen durch die Pandemie eingehalten werden konnte. Ursprünglich war in Lindau ein „großer Bahnhof“ für die Inbetriebnahme vorgesehen mit Sternfahrten von München und Zürich aus, einem Staatsempfang des Freistaats und einem Bürgerfest der Stadt Lindau. Die beiden Landesminister bedauerten, dass dieses bedeutsame Projekt coronabedingt nun ziemlich im Stillen in Betrieb gehen muss. „Das ist schade, aber alternativlos. Aber wir hoffen, dass wir es in einem Jahr noch nachholen können in Verbindung mit den Feierlichkeiten zum nächsten großen länderübergreifenden Bahnausbauprojekt in der Region“, so beide Minister unisono. Dann soll Ende 2021 die Elektrifizierung der Südbahn von Ulm über Friedrichshafen nach Lindau in Betrieb gehen. Zudem wird zum selben Zeitpunkt noch die fehlende Elektrifizierung des zweiten Gleises über den Inseldamm zum Inselbahnhof Lindau ans Netz gehen.
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