Minister Spaenle: „Weiterentwicklung des Gymnasiums mit größter Sorgfalt“ – Minister Spaenle zu Neuem im Schuljahr 2016/2017 – Begabtenförderung, digitale Bildung, Ganztag, Inklusion und Unterricht für Flüchtlinge
MÜNCHEN. „Das Spektrum zentraler Aufgaben im Schuljahr 2016/2017 ist höchst ambitioniert. Die Weiterentwicklung des Gymnasiums, die Stärkung der digitalen Bildung, die Begabtenförderung und die MINT-Förderung, der Ausbau des Ganztags und der Inklusion gehören dazu“, betonte Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle heute in München. Neben diesen qualitativen Elementen verlange der massive Zustrom von jungen Leuten mit Fluchthintergrund seit 2015 enorme Kraftanstrengungen.
„Bei den jungen Zuwanderern geht es um Sprach- und Wertevermittlung sowie um Integrationsangebote für diejenigen mit hoher Bleibeperspektive“, umriss der Minister. „Bayern ist im bundesweiten Vergleich sehr erfolgreich, belegt der Bildungsmonitor“, erinnerte Dr. Spaenle an die 2016 erschienene Publikation.
Der Haushalt des Freistaats bildet eine solide Grundlage für eine sehr gute Bildungsarbeit. Von 2005 an bis heute ist das Volumen des Bildungshaushalts von 8,0 Milliarden Euro auf insgesamt rund 11,7 Milliarden Euro angewachsen – das ist ein Plus von gut 45 Prozent. Der Rückgang der Schülerzahl ist gestoppt – in Bayern besuchen aktuell 1,7 Millionen Schülerinnen und Schüler den Unterricht.
Gymnasium wird in zweiter Dialogphase weiterentwickelt
Bei der Weiterentwicklung des Gymnasiums geht es Minister Spaenle um Verlässlichkeit und Planbarkeit: „Die Weiterentwicklung des Gymnasiums will ich aufgrund der enormen Tragweite mit größter Sorgfalt angehen. Wir werden uns die nötige Zeit nehmen. Das haben wir im Kabinett Ende Juli vereinbart.“
Dr. Spaenle will „ein langfristig tragfähiges Modell für die Zukunft des Gymnasiums entwickeln, das der heterogenen Schülerschaft und unterschiedlichen Schulstandorten Rechnung trägt“. Der Minister führt Gespräche mit der gymnasialen Schulfamilie und Verbänden. Grundlegende Entscheidungen erwartet er zum Jahreswechsel 2016/2017. Veränderungen in den Schulen gebe es nicht vor dem Schuljahr 2018/2019. Die Schulen haben damit knapp zwei Jahre Zeit.
Bei der Weiterentwicklung des Gymnasiums sollen folgende Eckpunkte einbezogen werden. Das Gymnasium
• verfügt über einen einheitlichen Rahmen z. B. mit Fächerkanon und LehrplanPLUS.
• weist eine einheitliche zweijährige Qualifikationsphase der Oberstufe und eine Abiturprüfung mit denselben Bedingungen und Qualitätsanforderungen auf.
• wird einheitlich nach Jahrgangsstufe 10 die Mittlere Reife verleihen.
Basierend auf einer Grundkonzeption von acht Jahren solle, falls Staatsregierung und Regierungsfraktion dies so beschließen, die einzelne Schule über ihr Lernzeitangebot und den Zeitpunkt der Entscheidung mitbestimmen. Die Lernzeit ist in den Gesamtkontext der qualitativen Weiterentwicklung des Gymnasiums eingebunden. Die politische Verantwortung – auch für die Einzelentscheidung – wird beim Ministerium und dem Minister liegen.
Minister Spaenle: „Die jungen Leute sollen am Gymnasium Studierfähigkeit, vertiefte Allgemeinbildung, Reflexionsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein erwerben – die Qualität muss stimmen.“
Derzeit setzen 47 Gymnasien den Pilotversuch Mittelstufe Plus fort, bei dem Schülerinnen und Schüler bei pädagogischem Bedarf die auf drei Jahre angelegte Mittelstufe in vier Jahren durchlaufen können.
Rund 323.500 Schülerinnen und Schüler besuchen ein Gymnasium in Bayern, die Übertrittsquote bewegt sich seit gut fünf Jahren bei rund 40 Prozent.
Qualitätsentwicklung im Schulwesen wird fortgesetzt
Bei der Weiterentwicklung der Qualität im Schulwesen nannte Kultusminister Spaenle darüber hinaus beispielhaft einzelne Felder:
• die Stärkung der digitalen Bildung z. B. durch den Ausbau von „mebis – Landesmedienzentrum Bayern“, durch die Verankerung digitaler Bildung im LehrplanPLUS und durch die Fortschreibung der Empfehlungen für die Ausstattung der Schulen. Dabei arbeiten das Kultusministerium und die kommunalen Spitzenverbände zusammen. Über „mebis“ können Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler derzeit über 14.100 digitale Bildungsmedien abrufen. Sie finden dort Beratungs- und Fortbildungsangebote und können virtuelle Klassenzimmer einrichten. „mebis“ wird mittlerweile von 80.000 Lehrkräften und rund 450.000 Schülerinnen und Schülern genutzt. Im neuen Schuljahr wird auch die Zahl der Referenzschulen für Medienbildung von 119 auf rund 150 ansteigen.
• das Vorankommen bei der Inklusion. Hier werden z. B. den Schulen 100 weitere Lehrerstellen zusätzlich zugewiesen – also seit 2011 insgesamt 600 zusätzliche Lehrerstellen. Die Anzahl der Schulen mit dem Profil Inklusion kann auf 240 gesteigert werden.
• den Ausbau des Ganztags. Neu im Regelbetrieb ist seit diesem Schuljahr der offene Ganztag in Grundschulen. In diesem Schuljahr können rund 5.670 offene Ganztagsgruppen in den allgemeinbildenden Schularten eingerichtet werden. Gebundene Ganztagsklassen können an rund 1.070 Schulen auf den Weg gebracht werden. Ferner bestehen an Grundschulen Gruppen der Mittagsbetreuung.
• die Begabtenförderung. „Begabtenförderung ist sozial gerecht, sie gehört ebenso wie die Förderung von Kindern und Jugendlichen, die sich beim Lernen schwerer tun, zum Kern der Gewährleistung von Bildungsgerechtigkeit“, betonte Minister Spaenle. Bayern fördere Talente sozial gerecht und pädagogisch differenziert. Im Freistaat werden junge Talente an allen Schularten einbezogen. Das Instrumentarium reicht von der Flexiblen Grundschule über die M-Klassen an Mittelschulen, den Schulversuch „Talente finden und fördern an der Mittelschule“ der Stiftung Bildungspakt Bayern und des Kultusministeriums, Talent-Klassen an 21 Realschulen bis hin zu Kompetenzzentren an acht Gymnasien.
• die Förderung der MINT-Fächer, also von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, u. a. durch den Aufbau von MINT-Regionen, die zu einem MINT-Netzwerk zusammengefügt werden. „Damit wollen wir bei jungen Menschen – unabhängig von der Schulart – das Interesse für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik fördern. Gestiegenes Interesse bei den Schülerinnen und Schülern trägt dazu bei, den Bedarf an Fachkräften im MINT-Bereich vor Ort zu decken und aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen, etwa den ländlichen Raum zu stärken“, argumentierte Minister Spaenle.
• das Angebot individueller Lernzeiten, etwa in Flexiblen Grundschulen (Zahl wächst), bei Einführungsklassen an Gymnasien sowie Vorklassen an Fachober- und Berufsoberschulen (nun an allen Fachoberschulen möglich) wie auch in der Mittelstufe Plus des Gymnasiums.
Unterrichtsangebot für junge Flüchtlinge Riesenherausforderung
„Der massive Zustrom junger Leute mit Fluchthintergrund bedeutet eine Riesenherausforderung für die Schulen und die Schulaufsicht“, so Minister Spaenle. In Bayern hielten sich Ende Juli 2016 rund 58.500 Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund im schul- bzw. berufsschulpflichtigen Alter auf. Das Niveau der Kenntnisse und Kompetenzen ist höchst heterogen.
Bayern hat zur Bewältigung dieser Aufgabe allein für den Unterricht für das Jahr 2016 im Nachtragshaushalt einen Betrag von rund 160,7 Millionen Euro bereitgestellt. Die Summe dient u. a. der Finanzierung von 1.079 Planstellen und mehreren hundert Beschäftigungsmöglichkeiten für Lehrkräfte. „Ich bin sehr dankbar, dass Lehrkräfte vor allem an den Grund- und Mittelschulen sowie den Berufsschulen, aber auch an Realschulen und Gymnasien sowie weiteren beruflichen Schulen enormes Engagement aufbringen“, würdigte der Minister die Arbeit der bayerischen Lehrerinnen und Lehrer für die jungen Leute. Zu den Instrumenten, um diese zu unterrichten, gehören z. B.:
• Übergangsklassen an Grund- und Mittelschulen. Ihre Zahl wurde von 471 im September 2015 auf 658 im Juli 2016 erhöht.
• weitere Sprachförderangebote etwa in Deutschförderklassen und Deutschförderkursen an Grund- und Mittelschulen.
• Berufsintegrationsklassen an den Berufsschulen. Bayern hat auch diese Zahl von 448 im September 2015 auf rund 650 im Juli 2016 enorm angehoben. Bayern kann diese Angebote zum Schuljahr 2016/2017 auf bis zu 1.200 erhöhen. Im Rahmen eines Schulversuchs können Berufsintegrationsklassen künftig auch an Wirtschaftsschulen, Berufsfachschulen und Beruflichen Oberschulen angesiedelt werden.
Darüber hinaus gibt es an Berufsschulen Sprachintensivklassen.
• das berufliche Übergangsjahr als Modellprojekt gemeinsam mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit. Diese Variante des zweiten Jahres der Berufsintegrationsklasse war im Schuljahr 2015/2016 erstmals an vier Standorten realisiert worden. Neben dem Unterricht an der Berufsschule erhalten die Schüler des beruflichen Übergangsjahres eine vertiefte Berufsorientierung und Berufsvorbereitung in Kooperation mit Bildungsträgern und Unternehmen. Dieses „berufliche Übergangsjahr“ wird nun an 20 Standorten angeboten – von Altötting bis Weiden.
• das Projekt „Perspektive Beruf für junge Asylbewerber und Flüchtlinge“ des Bayerischen Bildungsministeriums und der Stiftung Bildungspakt Bayern – unterstützt durch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft – an 21 Schulen. Bei diesem werden Instrumente und Konzepte zur Förderung junger Flüchtlinge an den Berufsschulen weiterentwickelt.
• SPRINT-Klassen an 17 Realschulen zur intensiven Sprachförderung von Aschaffenburg und Augsburg bis Rosenheim und Würzburg.
• Ausbau des Förderunterrichts im Fach Deutsch an den Realschulen.
• das Pilotprojekt InGym an fünf Gymnasien in Großstädten (Nürnberg, München, Regensburg, Augsburg und Würzburg), bei dem leistungsfähige Schülerinnen und Schüler, die kurzfristig aus dem Ausland zugezogen sind, zusätzlich intensiv in Deutsch gefördert werden.
• das Projekt Sprachbegleitung an Gymnasien, das auf 56 Gymnasien ausgebaut wird.
• Integrations-Vorklassen an 17 Fachoberschulen.
• Deutschangebote in Aufnahmeeinrichtungen.
• ein Budget von 10 Millionen Euro, mit dem Schulen über ihr Unterrichtsbudget hinaus flexibel Sprach- und Alphabetisierungskurse sowie interkulturelle Projekte organisieren können.
Dr. Spaenle: „Die Schulen allein können nicht alle Herausforderungen meistern. Sie müssen das Netz von Angeboten von Fachstellen in Anspruch nehmen.“
Bayern weitet Islamischen Unterricht aus
Der Islamische Unterricht, den Bayern als Unterricht in staatlicher Verantwortung entwickelt hat und im Rahmen eines Modellversuchs anbietet, wird im Schuljahr 2016/2017 von rund 260 Schulen auf rund 400 ausgeweitet. Minister Spaenle: „Das Unterrichtsangebot in deutscher Sprache unterstützt die jungen Menschen in ihrer Persönlichkeitsbildung, hat eine gesellschaftlich-integrative Funktion und fördert die interreligiöse Dialogfähigkeit bei den Schülerinnen und Schülern.“
Abschließend betonte Minister Spaenle: Bayern entwickelt sein sehr leistungsfähiges und durchlässiges Schulwesen auf einem qualitativ grundsoliden Fundament zeitgemäß weiter. Die Einstellung von über 4.000 Lehrkräften ist für diesen Prozess ebenso von hoher Bedeutung wie die Einführung des LehrplanPLUS. Besondere Handlungsfelder sind derzeit die Weiterentwicklung des Gymnasiums, die Begabtenförderung, die MINT-Förderung, der Ausbau des Ganztags und die Inklusion. Darüber hinaus wendet Bayern erhebliche Mittel für Schulangebote für junge Leute mit Fluchthintergrund auf.
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