Sexueller Missbrauch in Institutionen / Bayern fordert längere Aufbewahrungsfristen für Akten / Antrag bei der Justizministerkonferenz / Justizminister Eisenreich: „Wenn sich Vorwürfe wegen Sexualstraftaten gegen ein und dieselbe Person über …
Der Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen hat in Bayern höchste Priorität. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: „Bei Straftaten des sexuellen Missbrauchs durch einzelne Angehörige der Kirchen ist teils eine Vielzahl von Opfern betroffen. Teilweise werden die Strafverfolgungsbehörden aber erst spät und zu unterschiedlichen Zeitpunkten informiert. Deshalb benötigen unsere Ermittlerinnen und Ermittler auch Zugriff auf ältere Ermittlungsakten.“
Bayern und Niedersachsen bringen dazu einen Antrag bei der 94. Konferenz der Justizministerinnen und -minister am 25. und 26. Mai in Berlin ein.
Bei Sexualstraftaten steht mangels objektiver Beweismittel (wie z. B. unabhängiger Zeugen) oft Aussage gegen Aussage. Anhaltspunkte für die Glaubhaftigkeit der Aussage der Betroffenen können sich dabei auch aus früheren Verfahrenseinstellungen gegen den Beschuldigten ergeben. Eisenreich: „Wenn mehrere Opfer über einen längeren Zeitraum hinweg unabhängig voneinander ähnliche Vorwürfe gegen ein und dieselbe Person erheben, kann das ein Indiz für ihre Glaubwürdigkeit sein. In diesen Fällen ist es sinnvoll, auch alte Ermittlungsakten zu eingestellten Verfahren in die Prüfung einzubeziehen.“
Niedersachsens Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann: „Sowohl für die Opfer von Sexualstraftaten als auch für die Bevölkerung ist es nicht nachvollziehbar, wenn zahlreiche Strafverfahren gegen denselben Beschuldigten wegen mangelnder Nachweisbarkeit eingestellt werden, weil ältere Ermittlungsergebnisse nicht mehr herangezogen werden können. So verfestigt sich der Eindruck, kirchliche Würdenträger und Angehörige bestimmter Institutionen würden vom deutschen Strafrecht geschont. Für Niedersachsen ist klar: Einen Freibrief für Serientäter darf es nicht geben.“
Nach aktueller Rechtslage werden Akten zu eingestellten Ermittlungsverfahren aber nach Bundesrecht grundsätzlich nur fünf Jahre aufbewahrt (Nr. 1143 lit. d der Anlage zu § 3 der Justizaktenaufbewahrungsverordnung des Bundes). Im Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister (ZStV) sind Einstellungen sogar nur zwei Jahre gespeichert (§ 494 Absatz 2 Satz 2 Strafprozessordnung). Eisenreich: „Die Missbrauchsfälle in der Kirche erschüttern die ganze Gesellschaft und auch mich persönlich. Die Menschen in Bayern können sich darauf verlassen: Die bayerischen Staatsanwaltschaften ermitteln konsequent. Keiner steht in Bayern über dem Gesetz, kein Politiker, kein Wirtschaftsboss und auch kein Geistlicher. Bei Sexualdelikten können kurze Aufbewahrungsfristen die Strafverfolgung erschweren. Deshalb wollen wir die Aufbewahrungs- und die Speicherfrist zumindest bei Ermittlungsverfahren wegen Sexualstraftaten auf jeweils zehn Jahre verlängern. Für eine möglichst umfassende Beurteilung der Vorwürfe gegen einen Beschuldigten in solchen schweren Fällen benötigen unsere Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf alle Ermittlungsakten.“
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