„Würdigung der Qualität und Vielfalt der Bayerischen Kulturlandschaft“ -15 Traditionen aus Bayern bundesweit als immaterielles Kulturerbe gewürdigt
13 Aufnahmen in Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen – Zwei bayerische Einträge in nationales Register Guter Praxisbeispiele
Kunstminister Spaenle betont hohen Stellenwert von Kunst und Kultur im Freistaat
MÜNCHEN. Dreizehn Traditionen und Bräuche aus Bayern finden auf Grundlage des maßgeblichen UNESCO-Übereinkommens Aufnahme in das nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes. Zwei bayerische Initiativen, die sich in besonderer Weise um den Erhalt des immateriellen Kulturerbes verdient machen, werden in das Register Guter Praxisbeispiele aufgenommen. Diese Entscheidung der Kultusministerkonferenz wurde heute bekanntgegeben. Kunstminister Dr. Ludwig Spaenle betonte: „Lebendige Traditionen wie Musik, Tänze, Bräuche, Feste und Handwerkstechniken halten Bayern im Innersten zusammen und prägen unsere Gesellschaft nachhaltig. Kunst und Kultur haben seit jeher einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung. Die zahlreichen Aufnahmen in das Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes stellen eine großartige Würdigung der Qualität und außergewöhnlichen Vielfalt der Bayerischen Kulturlandschaft dar.“
Folgende von Bayern nominierte Traditionen und Handwerkstechniken finden Eingang in das Bundesverzeichnis: das Feldgeschworenenwesen in Bayern, die Flechthandwerkstradition, der Georgiritt und historische Schwerttanz zu Traunstein, die Mal-, Fass- und Vergoldetechniken des Kirchenmalers, das historische Festspiel „Der Meistertrunk“ zu Rothenburg o. d. Tauber, die Osingverlosung, das Sennfelder und Gochsheimer Friedensfest, die Handwerkstradition des Spitzenklöppelns im Oberpfälzer Wald, die Tölzer Leonhardifahrt, das Wunsiedler Brunnenfest, der Zwiefache, der Innerstädtische Erwerbsgartenbau in Bamberg sowie das historische Festspiel „Die Kinderzeche“ zu Dinkelsbühl.
In das nationale Register Guter Praxisbeispiele werden aufgenommen: Die Hochalpine Allgäuer Alpwirtschaft in Bad Hindelang sowie die Bemühungen des „Verbandes für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern“ zur Erforschung und Dokumentation von Flur- und Hausnamen in Bayern. Minister Spaenle hob die Bedeutung gelebter Kulturpflege hervor: „Die Erhaltung unseres immateriellen Kulturerbes ist eine Aufgabe, der sich viele, zumeist ehrenamtliche Mitbürgerinnen und Mitbürger verschrieben haben. Ich freue mich sehr, dass dieses Engagement durch die Aufnahme in das nationale Register guter Praxisbeispiele nun exemplarisch ausgezeichnet wurde.“
Kurzinformationen zu den neu in das nationale UNESCO-Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommenen Festen, Bräuchen und Handwerkstechniken:
1. Feldgeschworenenwesen in Bayern
Gruppen von typischerweise sieben Feldgeschworenen („Siebener“ genannt) wachen bereits seit Jahrhunderten über die Einhaltung von Grundstücksgrenzen und sorgen durch Grenzsteinsetzung für deren Sichtbarkeit.
2. Flechthandwerkstradition
Das Flechten zählt zu den ältesten handwerklichen Techniken der Menschheit und ist weltweit verbreitet. Besondere Bedeutung hat diese Handwerkstradition in den oberfränkischen Flechthandwerkszentren Lichtenfels und Michelau.
3. Georgiritt und historischer Schwerttanz zu Traunstein
Der Georgiritt in Traunstein findet jeweils am Ostermontag statt. Nach der Rückkehr der Reiterprozession findet am Stadtplatz in Traunstein in spielerischer Form ein historischer Schwerttanz statt.
4. Mal-, Fass- und Vergoldetechniken des Kirchenmalers
Die traditionellen Handwerkstechniken des Kirchenmalers sind in ihrer dekorativen Oberflächengestaltung aus Kirchen, Schlössern und anderen repräsentativen Bauten in ganz Bayern nicht wegzudenken.
5. Historisches Festspiel „Der Meistertrunk“ zu Rothenburg ob der Tauber
Das Bühnenstück „Der Meistertrunk“ feierte im Jahr 1881 Premiere und erinnert in Rothenburg o.d. Tauber alljährlich an Pfingsten an die Rettung der Stadt vor dem katholischen kaiserlichen Heer im Jahr 1631. Das historische Festspiel besitzt eine starke identitätsstiftende Funktion und ist um größtmögliche Authentizität etwa bei den Kostümen bemüht.
6. Osingverlosung
Der Osing ist eine gemeindefreie Hochfläche von 274 ha im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim. Seit mehr als 550 Jahren existiert die genossenschaftliche Praxis, den gemeinschaftlichen Besitz durch ein genau festgelegtes Losverfahren in festen Abständen neu unter den bäuerlichen Rechteinhabern zu verteilen.
7. Sennfelder und Gochsheimer Friedensfest
Das Friedens- und Freudenfest in Sennfeld und Gochsheim geht auf die Wiedererlangung der Reichsfreiheit im Jahre 1649 zurück, die die beiden Dörfer im Dreißigjährigen Krieg verloren hatten.
8. Spitzenklöppeln im Oberpfälzer Wald
Die seit dem 16. Jahrhundert belegte textile Technik zur Spitzenerzeugung hat insbesondere in den Gemeinden Schönsee, Stadlern und Tiefenbach – im Oberpfälzer Wald nahe der Grenze zur Tschechischen Republik gelegen – eine wichtige Bedeutung.
9. Tölzer Leonhardifahrt
Die Bad Tölzer Leonhardifahrt mit über 80 prächtig geschmückten Vierergespannen hinauf zum Kalvarienberg findet alljährlich am 6. November zu Ehren des Heiligen Leonhard statt. Diese Tradition reicht nachweislich bis 1772 zurück.
10. Wunsiedler Brunnenfest
Zum Johannistag (24. Juni) schmücken die Brunnengemeinschaften in Wunsiedel alljährlich die öffentlichen Brunnen der Stadt mit Blumen und Lichtern. Im Rahmen des Stadtfestes wird von Brunnen zu Brunnen gezogen und gemeinsam gefeiert.
11. Zwiefacher
Der Zwiefache ist eine überlieferte, typisch bayerisch-böhmische Musikgattung, die sowohl musiziert, getanzt als auch gesungen wird. Seine Besonderheit besteht im unregelmäßigen Wechsel zwischen Dreivierteltakt (Walzer) und Zweivierteltakt (Dreher).
12. Innerstädtischer Erwerbsgartenbau in Bamberg
Der urbane Erwerbsgartenbau in der fruchtbaren Bamberger Regnitz-Aue entstand im 14. Jahrhundert und konzentrierte sich bis ins 19. Jahrhundert auf die Produktion von Gemüsesaatgut und Süßholz. Noch heute produzieren die Gärtner nach bewährter Tradition und vermarkten ihre Waren hauptsächlich auf dem Grünen Markt, in Hofläden und Restaurants.
13. Historisches Festspiel „Die Kinderzeche“ zu Dinkelsbühl
Die Dinkelsbühler Kinderzeche geht auf ein Schulfest des 16. Jahrhunderts zurück, das im Zeitalter des Historismus im ausgehenden 19. Jahrhundert durch ein Festspiel ergänzt wurde, welches die sagenhafte Aufhebung der Schweden-Belagerung von Dinkelsbühl im 30-jährigen Krieg durch kindliche Friedensdiplomatie zum Thema hat.
Kurzinformationen zu den in das nationale Register Guter-Praxisbeispiele der Erhaltung des immateriellen Kulturerbes aufgenommenen Initiativen:
1. Tradition der hochalpinen Alpwirtschaft im Allgäu
Im Allgäu werden in den Sommermonaten (hoch-)alpine Weideflächen in Gemeinschaftsbesitz von „Älplerinnen“ und „Älplern“ bewirtschaftet. Diese seit dem Hochmittelalter belegte Wirtschaftsform und viele damit unmittelbar zusammenhängende Ausdrucksformen haben das Kulturlandschaftsbild und auch die Gesellschaft im Laufe der Zeit entscheidend geprägt. Durch die Etablierung ökologischer Landwirtschaft gewann auch das tradierte Wissen der Alpwirtschaft neuerlich an Bedeutung.
2. Erforschung und Dokumentation von Flur- und Hausnamen in Bayern
(„Verband für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern e.V.“)
Die tradierten Flur- und Hausnamen in Bayern sind sprachlicher Ausdruck einer Beziehung der Menschen zur Landschaft sowie zur sozialen Struktur ihrer Heimat. Der Verband für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern kümmert sich um die Erforschung, Dokumentation und Bewahrung dieser sprachlichen Orientierungshilfen im ländlichen Raum.
Alle in das Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommenen Traditionen und Bräuche sind auch im Bayerischen Landesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes gelistet. Informationen hierzu finden Sie unter https://www.km.bayern.de/kulturerbe.
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