– Es gilt das gesprochene Wort –
I. Einleitende Worte
Am 16. März werden rund 39.000 kommunale Mandatsträger in ganz Bayern neu gewählt.
Für die bisherigen Amtsinhaber geht am 30. April die Kommunalwahlperiode zu Ende. Gemeinderäte, Stadträte, Kreisräte, Bürgermeister und Landräte haben in den letzten sechs Jahren die Geschicke ihrer Gemeinden und Landkreise gelenkt. Sie haben Verantwortung für die Gemeinschaft übernommen und das Leben in ihrem unmittelbaren Umfeld gestaltet und geprägt. Die allermeisten von ihnen haben das ehrenamtlich in ihrer Freizeit getan. Das ist die demokratische Basis unseres Freistaats. Da ist Demokratie für unsere Bürgerinnen und Bürger unmittelbar erlebbar. Für dieses großartige Engagement sage ich im Namen der gesamten Staatsregierung herzlichen Dank.
II. Vergleich der Wirtschafts- und Finanzlage bayerischer Kommunen 2008 – 2014
Wie haben sich Bayerns Kommunen in diesen letzten sechs Jahren entwickelt?
Bayerns Gemeinden stehen wirklich gut da:
Von den 2.056 bayerischen Gemeinden haben mehr als die Hälfte, nämlich 1.197, heute weniger Schulden als vor sechs Jahren. Während Anfang 2008 insgesamt 122 bayerische Gemeinden völlig schuldenfrei waren, waren es am 31. Dezember 2012 bereits 231 Gemeinden – das gibt es nirgendwo sonst in Deutschland!
Ich weiß natürlich, dass es auch einige Gemeinden mit großen finanziellen Problemen gibt. Deshalb haben wir z. B. das Volumen der Bedarfszuweisungen massiv ausgeweitet. Doch der Gesamttrend ist positiv:
Lag die Gesamtverschuldung der Gemeinden und Landkreise zum Jahresbeginn 2008 noch bei rund 14,6 Milliarden Euro, waren es Ende 2012 nur noch etwa 13,2 Milliarden, also 1,4 Milliarden weniger.
Daran wird deutlich: Was der Ministerpräsident den Kommunen versprochen hat, was der Finanzminister versprochen hat, was auch ich als Kommunalminister versprochen habe, haben wir gehalten: Der Schuldenabbau des Freistaats geht nicht zu Lasten der Kommunen, sondern wir nehmen sie voll mit auf den Weg solider, ausgeglichener Haushaltsführung. Auch die Mehrheit unserer Kommunen baut Schulden ab. Das ist vorbildlich und einzigartig in Deutschland!
III. Lebenswertes Bayern
78 % unserer Bürger fühlen sich in ihrer Region verwurzelt (Bayernstudie 2012, BR). Diese regionale Bindung ist ein wichtiges Gegengewicht zur Globalisierung. Unsere Kommunen sind für die meisten ihrer Bewohner eine liebens– und lebenswerte Heimat. Staat und Kommunen, Stadt und Land Hand in Hand. Gemeinsam schaffen wir die Voraussetzungen für ein gutes Leben in Bayern.
Dennoch müssen wir uns einigen Zukunftsaufgaben stellen – allen voran der demografischen Entwicklung. Sie fordert gerade unsere Kommunen. So wird das Geburtendefizit immer größer. Davon sind praktisch alle Kommunen betroffen. In vielen Kommunen wird dieses Geburtendefizit freilich durch Zuwanderung ausgeglichen oder sogar übertroffen, in anderen dagegen nicht. Im Ergebnis haben heute 1.012 Gemeinden in Bayern mehr Einwohner als im Jahr 2008 – 1.044 aber weniger. Das östliche Oberfranken, das nördliche Unterfranken und die nördliche Oberpfalz sind vom Bevölkerungsrückgang besonderes betroffen, während die Ballungsräume München, Nürnberg-Fürth-Erlangen und Augsburg weiter wachsen.
Es ist herrlich, in Bayern Städte von Weltrang zu haben – Städte mit großer Geschichte und großer Zukunft.
Wir haben eine Landeshauptstadt, die nicht nur wegen des Oktoberfests und des FC Bayern in aller Munde ist; sie ist auch als Wirtschafts– und Wissenschaftsmetropole weltweit bekannt. Auf diese Landeshauptstadt können wir alle gemeinsam stolz sein. Sie ist dem Freistaat lieb und teuer!
Aber wir wollen keine Entwicklung des Freistaats, die sich nur auf Ballungsräume konzentriert. Wir haben einen klaren Verfassungsauftrag – nämlich die Förderung und Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ganzen Land.
Das bedeutet: In jedem Ort Bayerns muss es Zukunftsperspektiven für die Menschen geben, gerade für die junge Generation!
Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Kommunen und Staat, diese Zukunftsperspektiven zu schaffen – an jedem Ort!
Elementar sind sichere Arbeitsplätze – in der Stadt ebenso wie auf dem Land. Bayerns Wirtschaft boomt. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg in den letzten sechs Jahren von 4,5 Millionen auf 4,9 Millionen – die höchste Zahl an Arbeitsplätzen, die es jemals in Bayern gab.
Die Menschen und die Kommunen erwarten zu Recht, dass der Freistaat die bestmöglichen Voraussetzungen dafür schafft, dass die Arbeit zu den Menschen kommt!
Die gestern vom Ministerpräsidenten und dem Siemensvorstandsvorsitzenden unterzeichnete Vereinbarung ist ein Musterbeispiel für solches Teamwork: Siemens investiert eine halbe Milliarde Euro in den nächsten 15 Jahren. Und der Freistaat und die Stadt Erlangen sorgen für die richtige Infrastruktur.
Wenn es darum geht, Arbeitsplätze in die Regionen zu bringen, muss der Freistaat aber auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen: Allein im Geschäftsbereich des Innenministeriums wurden seit 1990 das Präsidium der Bereitschaftspolizei von München nach Bamberg, das Polizeiverwaltungsamt von München nach Straubing und Viechtach, sowie vier VGH-Senate von München nach Ansbach verlagert. Aktuell zieht das Statistische Landesamt schrittweise von München nach Fürth um. In Schweinfurt haben wir bereits in der Vergangenheit eine Außenstelle geschaffen. Das früher in München ansässige Polizeipräsidium Oberbayern wurde auf die beiden neuen Polizeipräsidien in Ingolstadt und Rosenheim aufgeteilt. Insgesamt haben wir damit allein in diesem Geschäftsbereich bereits über 2.000 Stellen aus München heraus in die Regionen gebracht.
Diese Politik wird die Bayerische Staatsregierung in den nächsten Jahren konsequent fortführen und auch neue Akzente setzen, z. B. wie schon versprochen in Kronach.
Gute Lebens- und Arbeitsbedingungen brauchen freilich auch eine gute Infrastruktur.
Dem Breitbandausbau kommt dabei größte Bedeutung zu. Das vom Finanzministerium vorgelegte neue 1,5 Milliarden-Förderprogramm mit einer Erhöhung der Zuschusssätze und einer Vereinfachung der Verfahren ist deutschlandweit einmalig. Wir schaffen auch im digitalen Bayern gleichwertige Lebensverhältnisse.
Verkehrsadern sind die Lebensadern in einem Flächenland wie Bayern. Denn unsere Betriebe brauchen gute Anbindungen an Lieferanten und Kunden. Arbeitsplätze liegen nicht immer gleich vor der Haustür.
Deshalb investiert der Freistaat massiv in die Verkehrsinfrastruktur und unterstützt hier auch die Kommunen.
– In diesem Jahr werden aus dem Staatshaushalt 472 Millionen Euro in Bau, Erhalt und Betrieb der Kommunalstraßen fließen.
– Bei den Staatsstraßen haben wir im vergangenen Jahr 217 Millionen Euro für den Ausbau und die Erhaltung ausgegeben.
– Für den Neubau von Radwegen entlang der Bundes-, Staats- und Kommunalstraßen stellen wir inzwischen jährlich rund 35 Millionen Euro zur Verfügung.
– 114 Millionen Euro fließen in den Personennahverkehr in Gemeinden, Landkreisen und kreisfreien Städten (34 Millionen Euro Infrastruktur, 50 Millionen Euro Landkreise/kreisfreie Städte, 30 Millionen Euro Neuanschaffung Omnibusse).
– Alles in allem verbindet ein Netz von über 137.000 km Straßen – von der Gemeindestraße bis zur Bundesautobahn – sowie 6.000 km Schiene mit über 1.000 Bahnhöfen die Städte und Gemeinden in Bayern. Es wird keine Region abgehängt!
Wenn wir nun den Gesamtverkehrsplan Bayern fortschreiben, dann wird unser Schwerpunkt die Erschließung der ländlichen Regionen, die Anbindung von Stadt und Land sowie die Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs sein.
Unser Bestreben ist, in enger Zusammenarbeit mit dem Bund einerseits und den Kommunen andererseits in den nächsten Jahren die Investitionen in alle Verkehrsträger, insbesondere in Straße und Schiene deutlich zu verstärken.
Damit Mobilität für alle ermöglicht wird, ist das Programm „ Bayern Barrierefrei 2023“ das Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Regierungserklärung im November angekündigt hat, von großer Bedeutung.
Meine Damen und Herren, unsere Kommunen bieten gute und attraktive Lebensräume. Der Freistaat unterstützt sie dabei:
Unser Ziel: mindestens 70.000 neue Wohnungen pro Jahr in Bayern! Gerade bei den Ballungsräumen ist es eine wichtige regionale Aufgabe, abgestimmte kommunale Siedlungsstrategien zur Wohnraumversorgung zu entwickeln. Die Kommunen und die kommunal getragenen Regionalen Planungsverbände haben hier eine besondere Verantwortung.
Lebenswerte, lebendige Städte und Gemeinden brauchen aber mehr als gute Arbeitsplätze und gute Infrastruktur. Unsere Gemeinden kümmern sich um Kinderbetreuung und Jugendarbeit ebenso wie um Angebote für ältere Menschen. Sie schaffen Begegnungsorte für alle Generationen.
Der Staat unterstützt die Gemeinden bei diesen elementar wichtigen Aufgaben: Zwischen 2008 und 2014 haben Bund und Freistaat allein 1,4 Milliarden Euro in neue Betreuungseinrichtungen für unter Dreijährigen investiert. Bis Ende 2014 wird für die Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr eine Versorgungsquote von über 50 % erreicht werden.
Gleichzeitig wird mit der Kostenerstattung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund zwischen 2013 und 2016 eine Entlastung der Kommunen von insgesamt rund 2,1 Milliarden Euro erreicht.
Meine Damen und Herren, unser Aktionsplan demografischer Wandel hat wichtige Handlungsfelder ermittelt, die für das soziale Umfeld gerade in ländlichen Gemeinden immens wichtig sind. Ich denke hier zum Beispiel an die ärztliche Versorgung der Räume. Staatsministerin Melanie Huml hat vor wenigen Tagen die ersten „Landarztstipendien“ ausgereicht. Das ist der richtige Weg.
Unsere Bürger sollen auch sicher in Stadt und Land leben können. Bayern steht für eine gute und leistungsfähige Polizei. Bei der Verteilung der uns vom Landtag in den letzten fünf Jahren neu zur Verfügung gestellten 2.000 Polizeistellen haben wir großen Wert auf die flächendeckende Präsenz unserer Polizei gelegt. Die Sicherheit ist uns in der Großstadt genauso wichtig wie auf dem Dorf. Wir sind das sicherste Land in Deutschland und München ist die sicherste Millionenstadt Deutschlands.
Unersetzlich für die Sicherheit der Menschen sind in unseren Kommunen auch die Feuerwehren, die freiwilligen Hilfsorganisationen, die Rettungsdienste, das THW und die sonstigen Einheiten des Katastrophenschutzes. 470.000 Frauen und Männer sind rund um die Uhr zur Stelle, wenn es darum geht, Menschenleben zu retten sowie Natur und Sachwerte zu schützen. Allein 450.000 dieser Einsatzkräfte engagieren sich ehrenamtlich. Sie stehen für weit mehr als für Schutz und Rettung in der Not: Sie stehen für eine solidarische Gemeinschaft. Denken wir nur an die Bilder von den Hochwassereinsätzen 2013.
Nirgends engagieren sich mehr Menschen ehrenamtlich als in Bayern. Ich danke allen Helferinnen und Helfern, die Tag und Nacht für andere im Einsatz sind.
Den Gemeinden danke ich an dieser Stelle für die großen Investitionen in Fahrzeuge, Geräte und Gerätehäuser. Der Freistaat hat sie hierbei in den letzten 10 Jahren mit 325 Millionen Euro Fördermittel unterstützt.
Schließlich sind unsere Kommunen auch die Basis für das kulturelle Leben in unserem Land: ich denke an Baudenkmäler, kommunale Museen, die Musik- und Brauchtumspflege. Bayern ist ein gelebter Kulturstaat. Mit dem Kulturfonds Bayern, der Förderung nichtstaatlicher Theater und Orchester oder der Förderung der Musikpflege investiert das Kultusministerium Millionen in das Kulturleben in unseren Gemeinden – und zugleich Milliarden in wohnortnahe Schulen und ständig wachsende Hochschulen in allen Regionen Bayerns.
IV. Starke Kommunen
Unsere Kommunen nehmen ihre Verantwortung selbstbewusst wahr. Das ist gut so: Wir wollen starke Kommunen. Deshalb setzt die Staatsregierung auf die kommunale Selbstverwaltung. Wir wollen sie in fünf Punkten stärken und ausbauen:
1. Der Freistaat ist ein verlässlicher Partner der Kommunen. Der kommunale Finanzausgleich ist 2014 auf die Rekordsumme von über 8 Milliarden Euro gestiegen – 2008 waren es noch 6,6 Milliarden Euro. Damit die staatlichen Hilfen noch zielgenauer dorthin fließen, wo sie wirklich gebraucht werden, werden wir vor allem die Struktur der Schlüsselzuweisungen in Zusammenarbeit mit den Kommunen reformieren.
2. Wir schützen die kommunale Selbstverwaltung gegen unsinnige Eingriffe der EU.
Die Staatsregierung und dieser Landtag setzen sich im Schulterschluss mit den Kommunen dafür ein, dass unsere Daseinsvorsorge gegen unnötige oder unzulässige Reglementierungen durch die EU verteidigt wird. Dass ein solcher Einsatz Früchte trägt, hat der Kampf um den Erhalt der kommunalen Trinkwasserversorgung gezeigt. Wir haben erreicht, dass die Wasserversorgung aus dem Anwendungsbereich der Konzessionsvergaberichtlinie herausgenommen wurde. Ebenso strikt werden wir darauf achten, dass es durch das derzeit verhandelte transatlantische Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und den USA nicht zu einer Aushöhlung kommunaler Verantwortung kommt.
3. Wir wollen, dass mehr Aufgaben vor Ort in kommunaler Verantwortung erledigt werden – natürlich gemäß dem Konnexitätsprinzip mit finanziellem Ausgleich durch den Staat. Die Kommunen können das. Sie sind näher am Bürger und erste Ansprechpartner in vielen Lebenslagen. Bayern soll noch kommunaler werden!
4. Auch wenn manche Kommunen weniger Einwohner haben und Aufgaben anspruchsvoller werden, wird es definitiv keine neue kommunale Gebietsreform geben. Stattdessen setzen wir auf mehr kommunale Zusammenarbeit! Gemeinsam geht vieles besser und kostengünstiger. Hier hilft der Freistaat: Wir werden das Förderprogramm zur kommunalen Zusammenarbeit deutlich erweitern.
5. Wenn wir in dieser Legislaturperiode der Deregulierung einen hohen Stellenwert einräumen, dann ist es konsequent, dort zu beginnen, wo die Selbstverwaltung tief verwurzelt ist: bei den Kommunen. Wir wollen den Kommunen mehr Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung geben. Unser Ziel: mehr Selbstverwaltung – weniger Normen. Deshalb machen wir den Kommunen über die Paragraphenbremse hinaus das Angebot, alle Verordnungen, Richtlinien etc., die sie für überflüssig halten, auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls zu vereinfachen oder abzuschaffen. Und vor allem weniger neue Vorschriften zu erlassen: Es muss nicht jedes Mal, wenn ein Problem drei-oder viermal in Bayern auftaucht, gleich ein Runderlass an alle Kommunen rausgehen.
V. Schlussworte, Dialogprozess
Meine Damen und Herren, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, es liegt viel Arbeit vor uns – für die Staatsregierung, für den Landtag und für die Kommunen.
Im Namen der gesamten Staatsregierung wünsche ich schon heute allen kommunalen Mandatsträgern, die am 1. Mai ihr Amt antreten, viel Glück und Erfolg. Wir bieten ihnen eine intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Behörden des Freistaats zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger an.
Alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger rufe ich auf: Machen Sie am 16. März von Ihrem Wahlrecht Gebrauch! Stärken Sie Ihre Kommune, denn die Kommunen sind die demokratische Basis unseres Landes! Lassen Sie uns gemeinsam arbeiten für starke Kommunen in einem starken Bayern mit einer starken Zukunft!