Landwirtschaft 2030: nachhaltig, smart, fair
Die Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber, MdL, hat am 20. Mai 2021 vor dem Bayerischen Landtag ihre Regierungserklärung Landwirtschaft 2030: nachhaltig, smart, fair gehalten.
– Es gilt das gesprochene Wort –
II. Nutztierhaltung am Tierwohl ausrichten
III. Natürliche Ressourcen schützen Biodiversität stärken
IV. Dem Klimawandel offensiv begegnen
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Landwirtschaft ist die Seele und das Herzstück Bayerns.
Dass unser Land so attraktiv und lebenswert ist, dass wir Tag für Tag mit herausragenden Lebens-mitteln versorgt werden, das verdanken wir der täglichen harten Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern.
Aber die Welt verändert sich und auch die Landwirtschaft befindet sich in einem Umbruch.
Ein einfaches „Weiter so“ will weder die Gesellschaft noch wollen das unsere Bäuerinnen und Bauern.
Wir in Bayern haben schwierige Zeiten stets als Chance genutzt: Schon seit Hans Eisenmanns Bayerischem Weg – vor nunmehr 50 Jahren – ist Bayern Vordenker und Schrittmacher in der Agrarpolitik.
Die neue GAP ab 2023 bedeutet eine Zäsur. Wir begrüßen ausdrücklich, dass jetzt alle EU-Mitgliedsstaaten Mindestbudgets für Umweltmaßnahmen einhalten müssen. Damit gleichen wir Wettbewerbsnachteile aus und Klima- und Naturschutz erhalten einen höheren Stellenwert.
Bayern hat hart verhandelt und es ist uns gelungen, gerade die kleinen und mittleren Betriebe über Förderzuschläge für die ersten Hektare noch besser zu unterstützen.
Es ist Bayern zu verdanken, dass junge Bäuerinnen und Bauern mit der Junglandwirteprämie extra Unterstützung bekommen und damit motiviert werden, Betriebe zu übernehmen.
Ebenso durchsetzen konnten wir auch die gekoppelten Zahlungen für Mutterschafe, Mutterziegen und Mutterkühe. Wir sind in Bayern voranmarschiert. Jetzt stärken wir die für die Biodiversität besonders wertvolle Weidehaltung durch eine bundesweite Prämie.
Insbesondere freut es mich, dass wir einen neuen Verteil-Schlüssel bei den ELER-Mitteln für den ländlichen Raum erreichen konnten, der sich wieder mehr an der wahren Bedeutung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums orientiert. Das bringt uns ein Plus von rund 15 Mio. Euro pro Jahr im Vergleich zum bisherigen Schlüssel.
Da aber andere Länder erst jetzt bundeseinheitlich umsetzen wollen, was wir bei der Agrarumweltförderung längst getan haben, verlieren starke Länder wie Bayern und Baden-Württemberg mit der neuen GAP eigene Gestaltungsspielräume.
Das ist zwar bedauerlich, aber selbst das werden wir als Chance nutzen. Bayern wird erneut, ausgehend von einem sehr hohen Umweltschutzniveau, Taktgeber für eine zukunftsgerichtete und nachhaltige Agrarpolitik sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Corona wirkt wie ein Brennglas. Ich weiß, der Gedanke mag – gerade in diesen Zeiten des Wohlstands und der nie dagewesenen Produktvielfalt – regelrecht absurd klingen. Aber stellen Sie sich vor, uns wären Lieferketten zusammengebrochen und die Versorgung unserer Bevölkerung mit Lebensmitteln wäre nicht zuverlässig möglich gewesen.
Das wiedererstarkte Bewusstsein für die Systemrelevanz der Land- und Ernährungswirtschaft, für unsere Ernährungssouveränität, ist ein positiver Nebeneffekt der Pandemie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wer im Übrigen Agrarpolitik lediglich auf Umweltpolitik reduziert, hat in meinen Augen nichts verstanden. Denn Agrarpolitik ist viel mehr: Agrarpolitik ist Gesellschaftspolitik.
Wir nehmen dabei vor allem die Menschen, die Familien hinter den landwirtschaftlichen Betrieben und die gesamte Gesellschaft in den Blick.
Wir wollen zusammen mit den bäuerlichen Familienbetrieben eine konsequent nachhaltige, ökonomisch starke und eine im besten Sinne sozial tragfähige Landwirtschaft erreichen und erhalten.
Unser Kurs steht fest: Landwirtschaft muss nachhaltig sein, Landwirtschaft muss smart sein und sie muss fair behandelt werden.
I. Nachhaltig in die Zukunft
Die Grundfrage lautet: Wie können wir ausreichend beste Nahrungsmittel produzieren, dabei den Landwirten ein gutes Einkommen sichern und gleichzeitig Natur, Klima und Ressourcen bestmöglich schützen?
Diese Fragen stehen seit langem im Zentrum unserer Arbeit. Doch wir müssen sie neu denken, wir müssen noch schneller werden und vor allem müssen wir die Dinge noch besser kommunizieren.
Deshalb muss gerade die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) eine Denkfabrik für Nachhaltigkeit werden.
Wir müssen dort Vordenker aus allen Bereichen zusammenbringen und ganzheitliche Lösungen entwickeln. Das kann ein Nachhaltigkeitsindex für Lebensmittel sein, das können neue Modelle zur CO2-Bindung sein oder auch eine besonders tierwohlorientierte Nutztierhaltung. Mensch, Tier und Umwelt müssen zusammengedacht werden.
II. Nutztierhaltung am Tierwohl ausrichten
Das Rückgrat der bayerischen Landwirtschaft ist und bleibt die Nutztierhaltung. Gleichzeitig wird kaum ein Thema derzeit so emotional diskutiert. Deshalb ist es auch selbstverständlich, dass der Umbau der Nutztierhaltung ganz oben auf unserer Agenda steht. Mehr Tierwohl statt mehr Tiere wird für viele Höfe das Motto der Zukunft sein.
Dazu werden wir erstens die Investitionsförderung für Tierwohlställe bei Zuchtsauen als auch zur Umstellung von Anbinde- auf Laufstallhaltung von 30 auf 40 Prozent anheben. Da-mit schöpfen wir die maximale Obergrenze nach EU-Recht aus.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl wir seit drei Jahrzehnten keinen Anbindestall mehr fördern, halten noch immer 14.000 Betriebe ihre Kühe in Anbindeställen. Wer unseren Betrieben jetzt wirklich etwas Gutes tun will, der muss die Verbraucher, den Markt und die Wirtschaft genauer beobachten – und er muss ehrlich zu unseren Landwirten sein:
Wir brauchen den Ausstieg aus der ganzjährigen Anbindehaltung und zwar so schnell wie möglich. Deswegen setzen wir mit dem heutigen Tag ein deutliches Signal. Jetzt ist Tempo angesagt!
Unser Ziel ist aber, möglichst keinen Betrieb auf dem Weg aus der Anbindehaltung zu verlieren!
Daher gehen wir zweitens nochmals gezielt mit einer Beratungsoffensive auf alle Betriebe mit Anbindehaltung zu, um mit einer Investitionsförderung den Umbau zu unterstützen oder Möglichkeiten zur Umnutzung der Betriebsgebäude oder zur Diversifizierung aufzuzeigen.
Unser Angebot steht: Wir lassen keinen Betrieb zurück! Wer weitermachen will, der bekommt unsere volle Unterstützung und Beratung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wer Tierwohl einfordert, muss die Betriebe auch unterstützen. Das gilt für die Verbraucher und ganz besonders auch für den Staat.
Deswegen warten wir drittens bei den Tierwohl-Prämien nicht auf den Bund und starten im kommenden Jahr mit einem Bayerischen Tierwohlprogramm „BayProTier“ für Schweine und Mastrinder.
Unsere Tierwohlziele lauten: Mehr Platz pro Tier, mehr Tiere auf Stroh, mehr Außenklimareize bzw. mehr Auslauf. Dafür planen wir im Endausbau jährlich bis zu 50 Mio. Euro ein.
Viertens schaffen wir mit einem digitalen Tierwohl-Monitoring ein Frühwarnsystem. Damit können Landwirte, Berater und Hoftierärzte frühzeitig auf Probleme im Tierbestand reagieren. Denn auch hier lautet das Motto: Prävention ist besser als Medikation!
Fünftens bauen wir am LfL-Standort in Grub einen gläsernen Forschungsstall mit maximalen Wohlfühlstandards und Weidehaltung. 20 Minuten vom Marienplatz entfernt finden die Menschen dann eine attraktive landwirtschaftliche Erlebniswelt.
Zusammen mit einem agrarökologischen Lehrpfad, einem Hofladen und Gastronomie machen wir Landwirtschaft erlebbar und zeigen, was beim Tierwohl heute schon alles möglich ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Bayerns Rindergenetik ist spitze und in aller Welt gefragt. Aber es kann nicht sein, dass wir im 21. Jahrhundert moderne Besamungstechniken und künstliche Befruchtung nicht noch besser nutzen. Geschöpfe tausende Kilometer zu transportieren – das wollen wir unseren Tieren nicht mehr antun!
Daher wollen wir sechstens den Ausstieg aus Exporten von Tieren in Drittstaaten. Dazu haben wir den bayerischen Zuchtverbänden ein Angebot gemacht, um den freiwilligen, schnellstmöglichen Ausstieg zu unterstützen und abzufedern. Wir lassen unsere Züchter nicht allein. Denn eines ist klar: Die Menschen wollen den Ausstieg!
III. Natürliche Ressourcen schützen Biodiversität stärken
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir sind uns einig: Der Schutz von Boden, Wasser und Artenvielfalt hat höchste Priorität. Bayerns Bauern leisten hier schon viel, aber es liegt noch Arbeit vor uns.
So wollen wir den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent und damit deutlich reduzieren.
Schon heuer, gleich im ersten Jahr unseres neuen Förderangebots nach dem Volksbegehren, haben rund 2.400 konventionell wirtschaftende Betriebe auf mehr als 46.000 Hektar Fläche auf den Einsatz von Herbiziden auf ihren Äckern verzichtet oder Nützlinge im Mais eingesetzt. Das ist ein überaus erfolgreicher Start. Das wird und muss aber noch mehr werden!
Wir erhöhen auch hier das Tempo mit dem Aktionsplan „Pflanzenschutz 2028“. Wir beraten die Landwirte, setzen auf innovative Züchtungen für resistentere Pflanzen, entwickeln bessere Diagnose- und Prognosemodelle und fördern Hackroboter, Drohnentechnologie und moderne, digital gesteuerte Präzisionstechnik auf dem Acker.
Damit das gelingt, stocken wir unser Bayerisches Sonderprogramm zur Förderung der digitalen Landwirtschaft (BaySL Digital) auf. Wir nutzen das von Ministerpräsident Dr. Markus Söder angestoßene Innovationsprogramm des Bundes und bauen unsere bayerischen Agrarumweltprogramme ganz gezielt in diese Richtung um.
Nachhaltigkeit heißt in besonderem Maße auch, den Flächenverbrauch weiter zu reduzieren. Fast elf Hektar pro Tag sind eindeutig zu viel!
Ich bin der festen Überzeugung, dass es der richtige Ansatz unseres Ministerpräsidenten war, Industriebrachflächen zu entsiegeln und Programme wie „Innen statt Außen“ einzufordern. Denn damit sparen unsere Kommunen nachweis-lich Flächen bei der Siedlungsentwicklung. Das verstärken wir weiter!
Als Landwirtschaftsministerin habe ich auch den Flächenentzug durch die Kompensationsflächen im Blick. Hier sieht die Realität leider so aus, dass noch viel zu oft Flächen aus der Nutzung genommen und dann eben nicht so gepflegt werden, dass sie langfristig ein Gewinn für die Biodiversität sind.
Deshalb brauchen wir dringend mehr Produktionsintegrierte Kompensation (PIK), d.h. die Kombination aus gleichzeitig landwirtschaftlicher Nutzung und ökologischer Aufwertung.
Das muss künftig die Regel sein, der Herauskauf von Flächen die Ausnahme. Damit schaffen wir eine Win-win-Situation für Landwirte und Natur!
Auch bei den Freiflächen-PV-Anlagen müssen wir zu einem multifunktionalen Nutzungsansatz kommen. Oberste Priorität haben PV-Anlagen auf Dachflächen. Aber wenn schon Solarenergie vom Feld, dann möglichst Energieerzeugung plus landwirtschaftliche Produktion, oder plus Biodiversität oder plus Treibhausgas-Tresor, z. B. auf Moorflächen.
Fläche ist knapp. Wir müssen sie bestmöglich nutzen. Da wird Mehrfachnutzung zur Pflicht!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir werden die GAP ab 2023 dazu nutzen, unser Agrarumweltprogramm neu zu konzipieren. Wir fördern künftig Pufferflächen im Umfeld von Wiesenbrütergebieten, wir verbessern Lebensräume für gefährdete Feldvögel wie Kiebitz und Feldlerche, wir schaffen neue Landschaftselemente in strukturarmen Gebieten und wir unterstützen den Humusaufbau unserer Böden.
Und mit der Initiative Flur-Natur wollen wir schnell und unbürokratisch die Anlage von Hecken, Feldgehölzen, Streuobstwiesen oder Feuchtflächen fördern.
Klar ist aber – Biodiversität geht uns alle etwas an: Gemeinden, Kirchen, alle Land- und Gartenbesitzer – jeder muss seinen Beitrag dazu leisten.
Deshalb stellen wir künftig Kommunen, Verbänden, Vereinen und Schulen jährlich bis zu 100.000 Obstbäume zur Anlage von eigenen Streuobstflächen unentgeltlich zur Verfügung. Dafür werden wir zusammen mit den bayerischen Baumschulen die Produktion von heimischen Obstgehölzen entsprechend ausbauen.
Gleichzeitig wollen wir über Förderprogramme so viel neue Streuobstbäume wie nur möglich in die Fläche bringen.
Mit dem Pflanzen von Bäumen allein ist es aber nicht getan. Daher unterstützen wir künftig auch ihre Pflege und erhöhen die Fördersätze pro Baum nochmals um 50 Prozent.
Damit erhalten und stärken wir unser altes Kulturgut Streuobst und bieten Insekten und Vögeln wertvolle Nahrungsquellen und Lebensräume. Und denken Sie auch an die Spezialitäten aus Streuobst!
IV. Dem Klimawandel offensiv begegnen
Die größte Herausforderung unserer Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist aber zweifelsfrei der Klimawandel.
Die letzten Jahre haben uns in ganz besonderer Weise vor Augen geführt, wie betroffen unsere Wälder davon sind.
Hier haben wir alle Kräfte gebündelt und arbeiten mit Hochdruck gemeinsam am Aufbau klimastabiler Zukunftswälder – wir nehmen dafür so viel Geld in die Hand wie nie zuvor. Und das ist gut so! Denn unser wirksamster und bester Klimaspeicher ist der Rohstoff Holz.
Bayern ist zwar Waldland Nummer 1, aber trotzdem haben wir beim Holzbau bedauerlicherweise nicht die Nase vorn. Das werden wir ändern. Denn mehr Holzbau ist mehr Klimaschutz! Wer mit Holz baut, wird zum aktiven Klimaschützer.
Deshalb habe ich im vergangenen Jahr mit Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden sowie dem Bau- und dem Wirtschaftsministerium eine Holzbau-Initiative gestartet.
Daraus werden wir mit einem Fünf-Punkte-Aktionsprogramm „Klimahäuser für Bayern“ jetzt die Weichen für mehr Holzbau stellen.
Als Forstministerin wünsche ich mir erstens, dass der Staat als Vorbild voran geht. Unser Ziel muss es sein, dass der Staat überall, wo es geht, mit Holz baut – ob in Hybrid- oder Vollholzbauweise.
Zweitens werden wir ein Förderprogramm für den Holzbau auf die Beine stellen und dafür jährlich 15 Mio. Euro bereitstellen. Die Zuschüsse werden sich an der Menge an verbautem Holz ausrichten.
Und sie werden dorthin fließen, wo wir am meisten bewirken können: in den mehrgeschossigen Holzbau. Bauherren bekommen damit attraktive Anreize, die Innen- und Nachverdichtung verstärkt umweltschonend in Holz umzusetzen.
Damit aber nicht genug: Wir wollen drittens ein Leuchtturmprojekt, z. B. ein markantes Hochhaus aus Holz, das bundesweit Maßstäbe setzt. Dafür loben wir einen Architektenwettbewerb mit einer attraktiven Innovationsprämie in Höhe von einer Million Euro aus.
Viertens stärken wir die Forschung. Unser Ziel ist es, das Bayern Forschungs- und Innovationsland Nummer 1 für klimaschonendes Bauen mit Holz wird.
Und fünftens werden wir die Verwendung von Holz aus Bayern voranbringen. Wir brauchen langfristige und verlässliche regionale Lieferketten. Das zeigt die aktuelle Marktsituation.
Das werde ich vorantreiben. Dazu haben wir jetzt zwei Pilotprojekte gestartet – gemeinsam mit dem Cluster Forst und Holz: eines im Allgäu und das andere im südöstlichen Oberbayern.
Ziel muss es auch hier sein, mehr Wertschöpfung in der Region zu halten und unsere Betriebe zu stärken. Denn Holz aus Bayern hilft dem Klima, unseren Waldbesitzern und der heimischen Holzwirtschaft gleichermaßen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
2050 – so sagen uns die Experten – herrscht in England ein Klima wie heute in Katalonien, Schweden wird zu Ungarn und Bayern zu Italien.
Wir müssen unsere Landwirtschaft auf diese Entwicklungen vorbereiten und sie bei diesen Herausforderungen unterstützen.
Die Landwirte sind aber nicht nur Betroffene.
Beim Klimaschutz sind sie Teil der Lösung: Flächenbewirtschaftung kann eine CO2-Senke sein. „Carbon Farming“ kann zugleich auch zur Einkommensquelle für unsere Betriebe werden.
Deshalb unterstützen wir ausdrücklich die Erarbeitung eines validen CO2-Zertifikate-Systems in der Landwirtschaft – passgenau für die bayerischen Strukturen.
Das beste Mittel aber, um dem Klimawandel zu begegnen, ist die Reduktion von Treibhausgasen. Um die landwirtschaftlichen Betriebe dabei zu unterstützen, hat die Landesanstalt für Landwirtschaft einen eigenen Klimarechner entwickelt. Für Hopfen und Getreide ist er bereits freigeschaltet. Für die Milchviehhaltung erfolgt der Start noch in diesem Monat.
Mit diesen Tools kann jeder landwirtschaftliche Betrieb seinen CO2-Fußabdruck ermitteln, Möglichkeiten zur Minimierung seiner Treibhausgas-Emissionen erkennen und diese auch senken.
Von besonderer Bedeutung für den Schutz des Klimas sind die Moore. Daher legen wir ein Moorbauernprogramm auf und reservieren dafür bayernweit bis zu 20 Mio. Euro pro Jahr
- für die Umwandlung von Acker in Dauergrünland,
- für extensive Beweidungsmaßnahmen oder
- für sogenannte Paludikulturen (Nasskulturen auf Schilf) zur stofflichen Verwertung.
Bayern macht damit seine Landwirte zu starken Klimabauern!
Spätfröste, Frühjahrstrockenheit, Starkniederschläge – der Klimawandel trifft die Landwirte immer öfter, immer härter. Jedes weitere Dürrejahr bringt die Gefahr mit sich, dass die Betriebe mit hohen Ernteausfällen rechnen müssen.
Der Staat kann hier nicht immer wieder mit Hunderten von Millionen Euro Ad-Hoc-Hilfen einspringen. Aber er kann „Hilfe zur Selbsthilfe“ anbieten.
Da sich der Bund hier gar nicht bewegt, unterstützen wir unsere Bauern und planen jährlich bis zu 50 Mio. Euro für eine Bezuschussung einer Mehrgefahren-Versicherung ein. Wir fördern so die eigene Risiko-Vorsorge der Betriebe.
Wir müssen aber auch den Feldbau klimaresilienter machen: Deshalb werden wir trockenheitsverträgliche Kulturen und Anbausysteme noch intensiver und schneller erforschen. Ob Quinoa, Amaranth oder Kichererbsen – sie dürfen keine Exoten bleiben, sondern müssen auch bei uns heimisch werden.
Franken ist Bayerns Hotspot in Sachen Trockenheit. Daher ist es nur folgerichtig, dass wir dort Demonstrations- und Forschungsstandorte für den Trockenfeldbau einrichten und damit in Schwarzenau beginnen.
V. Smarte Lösungen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Corona-Krise hat deutlich gemacht, dass Deutschland noch innovativer, noch digitaler werden muss. Das gilt gerade auch für die Landwirtschaft.
Wir verstärken unsere Forschungsaktivitäten und starten eine Innovationsoffensive mit neuen Ansätzen.
Erstens werden wir ein bayernweites Netz von landwirtschaftlichen Experimentierbetrieben aufbauen und gehen neue Wege gemeinsam mit unseren Landwirtinnen und Landwirten, die über große Erfahrungsschätze verfügen. Praxis und Theorie Hand in Hand – das ist modernes Forschen. Hier starten wir sofort mit einem Forschungs-Netz aus Öko-Betrieben.
Zweitens haben wir neue Entwicklungen bei der Nahrungsmittelerzeugung im Blick – Stichwort Urban Farming. Hier gilt es, jeden neuen Ansatz zu beobachten, zu bewerten, anzupassen und ihn für unsere Landwirte zu nutzen.
Dazu werden wir an der Landesanstalt für Wein-bau und Gartenbau (LWG) eine Indoor-Farm aufbauen. Solche geschlossenen Systeme bedeuten: 95 Prozent weniger Wasserbedarf, keine Pestizide, kein Abfall. Das ist aktiver Klima- und Ressourcenschutz!
Immer öfter geht es aber auch darum, Alternativen für Kunststoffe in der Landwirtschaft, neue Quellen bei Eiweißfuttermitteln oder digitale Lösungen beim Ressourcenschutz zu finden.
Daher wollen wir drittens über ein Startup-Programm kreative Köpfe aus Universitäten und Hochschulen gewinnen, um bei neuen Entwicklungen und Trends vorne mitspielen zu können.
Die Lebensmittelmärkte der Zukunft sind ein Megathema und bieten ein unglaubliches Wertschöpfungspotenzial.
Angesichts der Dynamik bei neuartigen Lebensmitteln und veränderten Ernährungsstilen versteht es sich von selbst, dass wir viertens mit dem Cluster Ernährung auch dieses Feld besetzen.
Es ist unsere ureigenste Verantwortung, dass Bayerns Landwirte hier nicht nur Zaungäste sind, sondern eine aktive Rolle übernehmen.
Deshalb entwickeln wir Zukunftsszenarien für die Ernährungswirtschaft, erforschen und bewerten alternative Proteinquellen und beleuchten die Wertschöpfungsmöglichkeiten bei neuartigen Lebensmitteln.
Ob Fleisch- oder Insekten-Burger, ob Kuhmilch oder Hafer-, Soja- oder Leguminosen-Drink: Wir schreiben den Menschen nicht vor, was sie essen sollen, aber wir wollen, dass ihre Lebensmittel aus Bayern kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
alles ist im Wandel und ich bin der Überzeugung, dass die Digitalisierung auch die Landwirtschaft geradezu umpflügen wird.
Sie darf aber nicht zum Strukturwandel-Beschleuniger für unsere bäuerlichen Familienbetriebe werden. Das erfordert kluge Weichenstellungen:
Mit dem Kompetenznetzwerk Digitale Agrarwirtschaft haben wir den ersten Schritt getan, um für die heimische Landwirtschaft angepasste digitale Lösungen noch schneller in die Betriebe zu bringen.
Als zweiten Schritt schaffen wir nun zusammen mit den bäuerlichen Selbsthilfeeinrichtungen einen Bayerischen Agrardatenraum.
So können wertvolle Daten zu wichtigen Taktgebern werden, z.B. beim Klima- und Ressourcenschutz oder bei neuen Vermarktungsideen.
Entscheidend wird sein, dass die Datenhoheit des Landwirts sowie der Datenschutz und die Datensicherheit gewährleistet bleiben.
VI. Faires Miteinander
Regionalität bei unseren Lebensmitteln ist uns ein Herzensanliegen. In der Frage der regionalen Ernährungssouveränität sind wir sehr gut aufgestellt, was aber nicht heißt, dass wir nicht noch besser werden können.
60 Prozent unserer Lebensmittel vermarkten wir in Bayern, 20 Prozent in Deutschland, 15 Prozent in der EU, nur fünf Prozent gehen auf den Weltmarkt.
Das sind unsere Heimspiele. Und wer Meister werden will, muss auf jeden Fall die Heimspiele gewinnen. Dieses enorme Potential wollen wir künftig noch gezielter erschließen.
Hier bauen wir auf eine durchgängige Regionalstrategie, die eine faire Entlohnung der Landwirtschaft zum Ziel hat. Das heißt für mich: Wertschätzung und Wertschöpfung.
Dazu werden wir an allen Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sogenannte Regionaltische einrichten. Dort bringen wir die Anbieter und Nachfrager von regional erzeugten Lebensmitteln zusammen. Erste Regionaltische haben wir bereits an neun Ämtern installiert.
Damit werden wir mehr bayerische Lebensmittel in die Küchen der Gastronomie, in Kantinen, in Festzelte und in die Regale des Lebensmitteleinzelhandels bringen.
Dass es funktioniert, zeigt ein großer Vertreter des Lebensmitteleinzelhandels, der seit einigen Wochen an ausgewählten Standorten Bayernregale ausgelobt hat. Hier haben die Verbraucher die Möglichkeit, regionale Produkte sofort zu erkennen und gezielt zu kaufen.
Oft scheitern gerade neue Vermarktungsideen auf regionaler Ebene, weil das Angebot der Landwirte und die Nachfrage der Abnehmer nicht zusammenpassen.
Deshalb fördern wir künftig innovative Vermarktungs- und Kommunikationskonzepte, Regionalportale sowie den Einkauf landwirtschaftlicher Produkte über eine App.
Jeder Landkreis, der für landwirtschaftliche Direktvermarkter eine Plattform schaffen will, wird mit einem Zuschuss von bis zu 10.000 Euro unterstützt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir sind stolz: Bayern ist Deutschlands Öko-Land Nummer 1 mit heute schon über 11.000 Ökobetrieben, die auf rund 385.000 Hektar ökologischen Landbau betreiben.
Die Verdoppelung der Öko-Produktion ist uns bereits gelungen. Jetzt haben wir das nächste ambitionierte Ziel fest im Auge: 30 Prozent Öko-Landbau bis 2030. Dafür nehmen wir bereits heute über 110 Mio. Euro jährlich in die Hand.
Aber klar ist auch: Ökolandbau lässt sich nicht staatlich verordnen, wie es manch einer gerne hätte. Wir müssen ihn den Verbraucherinnen und Verbrauchern ans Herz legen. Nur so schaffen wir es, dass er in der Fläche wächst und am Ende die Märkte erreicht.
Wir sind mit 27 Öko-Modellregionen und damit auf 29 Prozent unserer Landesfläche sehr erfolgreich. Diesen Erfolg wollen wir auf keinen Fall gefährden.
Deshalb haben wir entschieden, dass wir nach dem derzeitigen Förderende nicht aussteigen, sondern unsere Öko-Modellregionen auch über die bislang geplanten acht Jahre hinaus unterstützen.
Darüber hinaus fördern wir herausragende neue Projekte und Ideen in den Öko-Modellregionen ab sofort mit bis zu 50 Prozent.
Und ich bleibe dabei – mehr Bio aus Bayern geht nur mit dem Schwung des Marktes. Dazu muss man den Markt genau beobachten.
Das schaffen wir mit dem neu gegründeten Öko-Board Bayern. So sorgen wir für mehr Transparenz im heimischen Öko-Markt, mobilisieren die bestehenden Öko-Netzwerke – ich denke hier an unsere Öko-Modellregionen, unsere bayerischen Bio-Städte sowie an den Öko-Pakt – und wir bringen Erzeuger und Verarbeiter zusammen.
Bio-Obst und Bio-Gemüse sind gefragt wie nie. Doch gerade hier hinkt das heimische Angebot mit einer Selbstversorgung von unter 20 Prozent deutlich hinterher. Daher installieren wir ein eigenes Kompetenzzentrum Öko-Gartenbau an der LWG. Der Markt ist vorhanden, jetzt brauchen wir die Erzeuger!
Und sind wir doch auch ehrlich: Bio-Kartoffeln aus Ägypten oder Bio-Weizen aus Italien, das kann nicht der richtige Weg sein. Der Anspruch dieser Staatsregierung ist: Bio aus Bayern!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
moderne Landwirtschaft ist schon heute viel mehr als reine Agrarproduktion. Zusätzliche betriebliche Standbeine schaffen Einkommen, sichern Arbeitsplätze und stärken den ländlichen Raum. Vor allem die Landfrauen sind hier sehr kreativ und aktiv.
Die sich bietenden Chancen wollen wir noch besser nutzen – mit einem Gründerzentrum in Ruhstorf zur Betreuung von Neueinsteigern und einem Ideenwettbewerb für neue Geschäftsmodelle.
Ideen für Dienstleistungen und neue Produkte vom Bauernhof gibt es genug: Denken wir an das Betreute Wohnen für Senioren, Erlebnis- und Bauernhofkindergärten, Urlaubs- und Wellnesshöfe, Direkt- und Online-Vermarktung, Handwerk auf dem Bauernhof oder die Bereiche Energie, Klima und Biodiversität.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
vieles verändert das Bild unserer Landwirtschaft, aber auch die Anforderungen an die Betriebsleiter ändern sich.
Unsere Bäuerinnen und Bauern müssen wie niemals zuvor unternehmerisch denken und handeln, die eigenen Stärken erkennen sowie auf neue Trends reagieren.
Entsprechend passen wir auch unsere Beratungs- und Bildungsangebote immer wieder an. Ein neuer Baustein ist die Hofnachfolgestrategie zur Sicherung einer ausreichenden Zahl an kreativen unternehmerischen Köpfen für die Landwirtschaft.
Dabei setzen wir auf eine neue Existenzgründerförderung und auf gezielte Weiterbildung. Lebenslanges Lernen machen wir attraktiver und bezuschussen Weiterbildungsangebote. Damit geben wir der nächsten Generation die beste Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft!
VII. Schluss
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir erleben gerade extrem fordernde Zeiten. Der von uns als selbstverständlich empfundene Lauf – immer schneller, immer höher, immer weiter – scheint gebrochen.
Die Menschen haben während der Corona-Pandemie den Wert regionaler und ökologisch erzeugter Lebensmittel neu schätzen gelernt. Dieses neue Bewusstsein müssen wir in die Zukunft tragen – für mehr Wertschätzung und mehr Wertschöpfung.
Wir brauchen wieder mehr ehrliche Anerkennung von Leistung. Das gilt für alle Branchen und Bereiche, aber ganz besonders für die Landwirtschaft.
Und wenn ich mir die wirtschaftliche Bedeutung von Land- und Forstwirtschaft in Bayern in Höhe von 173 Mrd. Euro ansehe und die Leistungsbereitschaft unserer Landwirtinnen und Landwirte vor Augen halte, dann sind gerade sie in ganz besonderer Weise Vorbilder unserer Zeit.
Bayerns Bäuerinnen und Bauern sind unsere Ernährer, unsere Landschaftspfleger, unsere Klima- und Umweltwirte. Sie sind Arbeitgeber und Unternehmer. Und sie sind unsere Bewahrer von Tradition und Kultur auf dem Land und – trotz ihrer täglichen Belastung – in allen Bereichen des Ehrenamtes stark vertreten.
Sie halten unsere Gesellschaft auf eine ganz besondere Weise zusammen. Auch das haben viele aus den Augen verloren.
Und deswegen gilt unser aufrichtiger Dank und großer Respekt unseren Bäuerinnen und Bauern für ihre tägliche Arbeit. Dafür ein herzliches Vergelts Gott.
Die Bayerische Staatsregierung ist stolz, nein – ich denke wir alle hier im Hohen Haus sind stolz auf unsere heimische Landwirtschaft.
In diesem Sinne bitte ich um Unterstützung für Bayerns Land- und Forstwirtschaft und wünsche unseren Bäuerinnen und Bauern, ihren Familien und Höfen und natürlich unserer Heimat Bayern Gottes reichen Segen.
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