Bayerisches Wissenschaftsministerium: Aufarbeitung des Unrechts des NS-Regimes ist Kernanliegen der Staatsregierung – Opposition ist Faktenklärung unwichtig – Bayern hält keine Informationen unter Verschluss
MÜNCHEN. Der Opposition ist offensichtlich nichts an einer Klärung der Fakten zu der Besitzgeschichte von Kunstwerken gelegen. Das Wissenschaftsministerium weist die Behauptung von SPD und Grünen zurück.
In jedem Einzelfall Fakten prüfen – auch bei Forderungen
Die Aufarbeitung des Unrechts des NS-Regimes ist der Bayerischen Staatsregierung und Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle ein zentrales Anliegen. Deshalb engagiert sich Bayern mit seinen staatlichen Sammlungen und Museen aktiv in der Provenienzrecherche. Die staatlichen Sammlungen und Museen stellen die Ergebnisse kontinuierlich öffentlich zur Verfügung und ermöglichen Restitutionen – das jüngste Beispiel ist die Rückgabe eines Aquarells des Malers Rudolf von Alt durch die Grafische Sammlung an die Erben der Familie Mautner Ende November 2016.
Um eine Rückgabe verfolgungsbedingt entzogener Vermögenswerte und Kunstgegenstände zu ermöglichen oder gerechte Lösungen für eine Wiedergutmachung zu erzielen, werden unrechtmäßige und verfolgungsbedingte Enteignungen umfassend recherchiert. Dazu werden die Fakten zu den Besitzverhältnissen jedes Kunstwerks sorgfältig überprüft. Das gilt auch in der Forderung der Erben Flechtheim. Eine Klage liegt dem Ministerium bisher nicht vor. Deshalb lässt sich inhaltlich dazu nicht Stellung nehmen. Sollte dem Freistaat ein entsprechendes Schriftstück vorliegen, wird dieses intensiv geprüft und über eine Reaktion entschieden.
Bayern hält keine Informationen unter Verschluss
Fest steht: Der Freistaat Bayern hält – entgegen der Behauptung – keine Informationen unter Verschluss. Die Dokumente aus dem Gurlitt-Nachlass befanden sich nach ihrem Auffinden in den Händen der von der Bundeskulturbeauftragten in Berlin eingerichteten Task Force. Mittlerweile befindet sich der Nachlass im Bundesarchiv in Koblenz (und nicht in Bayern) und ist dort recherchierbar. Fehlende Teile sollen nach Klärung der Erbschaftsauseinandersetzung ebenfalls dort verwahrt werden. Die Task Force am Deutschen Zentrum Kulturgutverluste hat im Übrigen den Flechtheim-Erben dem Vernehmen nach umfassend Auskunft gegeben.
Staatliche Gemäldesammlungen betreiben intensiv Provenienzrecherche
Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen hatten z. B. 1998 als einziges deutsches Museum an der Washingtoner Konferenz teilgenommen und daraufhin die Provenienzforschung vorangetrieben. Erste Ergebnisse wurden 2004 in einem Provenienzbericht zur Sammlung Göring vorgelegt. Bereits seit 2012 befasst sich ein eigenes Forschungsprojekt ausdrücklich mit den sog. „Überweisungen aus Staatsbesitz“, also den Beständen, die die Alliierten an den Freistaat und die bayerischen Sammlungen und Museen gegeben hatten. Zu diesen zählen auch Bestandteile der bereits früher untersuchten Sammlung Göring. Ziel des Projektes ist es, die Provenienz der Kunstwerke zu erforschen, die aus dem Kunstbesitz der NSDAP und hoher NSDAP-Funktionäre nach Beschlagnahmung auf Weisung der Alliierten dem Freistaat Bayern treuhänderisch übergeben wurden und in den Bestand der Staatsgemäldesammlungen gelangten.
Bisher wurden mehr als 400 der 890 sog. „Überweisungen aus Staatsbesitz“ (45 Prozent) bearbeitet. Die Staatlichen Gemäldesammlungen haben 55 Prozent der untersuchten Werke bis heute wegen Raubkunstverdacht der Internet-Datenbank lostart.de gemeldet. 35 Prozent von 404 Kunstgegenständen konnten als unbedenklich eingestuft werden. Verdächtige Kunstwerke werden bei entsprechenden Ergebnissen der Provenienzrecherche öffentlich bekannt gemacht. Bayerns staatliche Stellen melden auch Kunstwerke mit offener Provenienz, die möglicherweise Raubkunstwerke sind, an die Datenbank lostart.de. Museen und Sammlungen suchen im Einvernehmen mit den Erben nach fairen und tragfähigen Lösungen.
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