Bericht aus der Kabinettssitzung 24. Februar 2015
1. Erste Bilanz zu beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung des massenhaften Asylmissbrauchs durch Asylbewerber aus dem Balkan / Ministerrat beschließt Bundesratsinitiative zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsländer – Innenminister Joachim Herrmann: „Wiedereinführung von Grenzkontrollen an deutschen Binnengrenzen prüfen“
4. Kabinett trifft wichtige Personalentscheidungen
1. Erste Bilanz zu beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung des massenhaften Asylmissbrauchs durch Asylbewerber aus dem Balkan / Ministerrat beschließt Bundesratsinitiative zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsländer – Innenminister Joachim Herrmann: „Wiedereinführung von Grenzkontrollen an deutschen Binnengrenzen prüfen“
Der Ministerrat zog in seiner heutigen Sitzung eine erste Bilanz über die vor zwei Wochen beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung des massenhaften Asylmissbrauchs durch Asylbewerber aus dem Balkan, insbesondere aus dem Kosovo, und beriet über die weitere Entwicklung.
Innenminister Joachim Herrmann legte die in der letzten Sitzung angekündigte und heute beschlossene Bundesratsinitiative zur Aufnahme der Republik Albanien, der Republik Kosovo und von Montenegro in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten vor. Der Innenminister sagte, die Zahl der in Deutschland von Staatsangehörigen dieser Staaten gestellten Asylanträge sei in den vergangenen Jahren massiv angestiegen und belegte diese Entwicklung mit Zahlen: Im Jahr 2010 waren 39 Asylerstanträge albanischer Staatsangehöriger zu verzeichnen, im Jahr 2014 dagegen 7.865. Während es im Jahr 2009 noch 57 Asylerstanträge von Staatsangehörigen aus Montenegro waren, stieg diese Zahl im Jahr 2014 auf 935. Der Kosovo ist im Januar 2015 sogar an die zweite Stelle bei den Asylerstanträgen hinter Syrien vorgerückt. Herrmann: „Allein in der Zeit zwischen dem 29. Dezember und dem 18. Februar stellten 24.380 kosovarische Staatsangehörige einen Asylantrag in Deutschland. Die Gesamtschutzquote lag im Januar bundesweit bei lediglich 0,3 Prozent. Wobei es sich dabei um zwei Personen handelt, die erkrankt sind.“
Die in der letzten Ministerratssitzung beschlossene schnellstmögliche Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten und dem Westbalkan, insbesondere Kosovo, wurde konsequent angegangen. Die Sammelrückführung in den Kosovo aus Bayern am 17. Februar 2015 war ein erstes wichtiges Signal, dass sich die aussichtslose Asylantragstellung nicht lohnt.
Eine entscheidende Voraussetzung für schnelle Rückführungen ist ein straffes Asylverfahren. Der Ministerrat begrüßt insoweit, dass das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (BAMF) auf bayerisches Drängen die Anträge von Asylbewerbern aus dem Kosovo beschleunigt bearbeitet. Es wäre aber unhaltbar, wenn dafür im Gegenzug die übrigen Westbalkanländer oder sogar die aussichtsreichen Anträge von Asylbewerbern aus dem Irak oder Syrien nicht mehr beschleunigt bearbeitet oder mehrere Monate zwischen Registrierung und der Erstantragstellung verstreichen würden. Insgesamt bleibt die überlange Verfahrensdauer ein wesentlicher Schwachpunkt. Trotz der bisherigen und angekündigten Personalmehrungen beim BAMF ist eine Trendumkehr nicht in Sicht. Der Bund muss daher zwingend die personellen Voraussetzungen schaffen, um auf Dauer einen hohen Flüchtlingsandrang bewältigen zu können.
Die Gewährung von Bargeldleistungen trotz aussichtsloser Antragsstellung stellt einen gewichtigen Anreiz zum Asylmissbrauch dar. Sozialministerin Emilia Müller hat, wie in der letzten Ministerratssitzung angekündigt, erste Schritte ergriffen, um Geldleistungen an Asylbewerber aus den Westbalkanstaaten so weit als möglich zu vermeiden oder zu reduzieren. Insbesondere bei den Kosten der Unterkunft bestehen gesetzliche Spielräume, die von den Vollzugsbehörden künftig zugunsten der Gewährung von Sachleistungen auszuschöpfen sind.
Einer der Gründe für den aktuellen Exodus liegt darin, dass seit 6. November 2014 Asylbewerbern bereits nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland unabhängig von den Erfolgsaussichten des Asylverfahrens eine Beschäftigungserlaubnis erteilt wird. Nach den Worten des bayerischen Innenministers müsse deshalb deutlich gemacht werden, dass das Asylverfahren nicht dazu dient, eine Arbeitsaufnahme in Deutschland zu ermöglichen. „Hierzu brauchen wir eine gesetzliche Klarstellung, dass für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten sowie für ausreisepflichtige, als offensichtlich unbegründet abgelehnte Asylbewerber ein generelles Beschäftigungsverbot gilt.“
Europaministerin Dr. Beate Merk berichtete zudem über die Ergebnisse ihrer politischen Gespräche, die sie wegen der Massenflucht vom Balkan jüngst in Kosovo und Ungarn geführt hat. „Der Regierung in Pristina ist es selbst ein dringendes Anliegen, dass der Massenexodus aus dem Land beendet wird“, so Merk. „Kosovo braucht seine Menschen für den Wiederaufbau des Landes. Entscheidend ist, dass sich die Lebensverhältnisse in Kosovo verbessern. Die Ursachen für die Massenflucht müssen beseitigt werden.“ Mit dem ungarischen Außen- und Innenminister war sich Merk einig, dass der Schutz der EU-Außengrenzen für die Bekämpfung der illegalen Migration von zentraler Bedeutung sei.
Der Ministerrat forderte darüber hinaus, die Wiedereinführung von Kontrollen an den deutschen Binnengrenzen zu prüfen. Herrmann: „Sollte die Prüfung ergeben, dass der geltende Rechtsrahmen das nicht zulässt, muss Bundesinnenminister Thomas de Maizière gegenüber Brüssel auf eine entsprechende Anpassung des Schengener-Grenzkodex drängen.“ Der Schengen-Grenzkodex ermöglicht für einzelne Mitgliedstaaten die temporäre Einführung von Grenzkontrollen im Falle außergewöhnlicher Umstände, wenn sich anhaltend schwerwiegende Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen auftun.
Zu überlegen ist in den Augen Herrmanns auch die Anwendung des sogenannten Krisenbewältigungsmechanismus in der Dublin III-Verordnung. „Dadurch könnte ein Aktionsplan entstehen, der schnelle Prüfungsverfahren und dementsprechend schnelle Zurückschiebungen von Deutschland und Österreich nach Ungarn ermöglicht. Dem Ziel der kosovarischen Asylbewerber, aufgrund der Verfahrensabläufe im regulären Dublin-Verfahren zunächst in Deutschland bleiben zu können, würde dadurch wirksam begegnet.“ Herrmann forderte Bundesinnenminister de Maizière auch dazu auf, im Europäischen Rat zeitnah einen Vorschlag vorzulegen, wie im Rahmen des Krisenbewältigungsmechanismus der Dublin-Verordnung auch eine quotenmäßige Verteilung von Asylbewerbern verankert werden kann. Herrmann: „Der gegenwertige Massenzustrom von kosovarischen Asylbewerbern in wenige Mitgliedsstaaten, vor allem nach Deutschland, gibt dazu dringend Anlass.“
Unabhängig davon ist eine dauerhafte, gerechte Lastenverteilung innerhalb der Europäischen Union anzustreben. Die Bayerische Staatsregierung wird sich deshalb auf EU-Ebene für die Einführung einer generellen europaweiten Verteilungsquote einsetzen und die Bundesregierung in die Pflicht nehmen, hierzu im Rat der Europäischen Union zeitnah einen Vorschlag vorzulegen. Europaministerin Merk nutzte jüngst ihre Gespräche mit dem ungarischen Außen- und Innenminister in Budapest, um für die gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in der Europäischen Union zu werben. Merk: „Die europäische Solidarität gebietet es, dass sich alle Mitgliedstaaten an der Bewältigung des Flüchtlingszustroms beteiligen.“
2. Bayerisch-tschechische Landesausstellung 2016/2017 / starkes Symbol für die gewachsene Freundschaft zwischen Tschechien und Bayern / Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle: „Karl IV. bietet als Thema der bayerisch-tschechischen Landesausstellung 2016/2017 eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten für die gemeinsame Geschichte von Bayern und Böhmen“
Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle hat dem Ministerrat in seiner heutigen Sitzung einen Bericht über den Stand der Vorbereitungen zur gemeinsamen Landesausstellung des Freistaats Bayern und der Tschechischen Republik 2016/2017 gegeben: „Mit Kaiser Karl IV. (1316-1378) hat die bayerisch-tschechische Landesausstellung eine der bedeutendsten Herrscherpersönlichkeiten der europäischen, tschechischen sowie der deutschen und bayerischen Geschichte zum Thema gemacht. Er bietet eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten für die gemeinsame Geschichte von Bayern und Böhmen bzw. Tschechien im europäischen Kontext. Dafür stehen beispielhaft die Städte Nürnberg und Prag mit ihren berühmten von Karl IV. angestoßenen Bauwerken wie der Nürnberger Frauenkirche oder der Karlsbrücke und dem Veitsdom in Prag. Es passt hervorragend, dass die Ausstellung genau am Tag des 700. Geburtstages von Karl IV., dem 14. Mai 2016, in Prag ihre Tore für das Publikum öffnen wird, um fünf Monate später nach Nürnberg zu wechseln.“
Zum ersten Mal erarbeiten Tschechien und Bayern von Anfang an gemeinsam ein Konzept für eine Ausstellung, die in beiden Ländern zu sehen sein wird.
Nach der Eröffnung der bayerischen Repräsentanz in Prag ist dies ein weiteres starkes Symbol für die gewachsene Freundschaft zwischen Tschechien und Bayern. Die bayerisch-tschechische Landesausstellung wird von Mai bis September 2016 in der Wallenstein-Reithalle in Prag und von Oktober 2016 bis März 2017 im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg zu sehen sein. Das Ausstellungskonzept wird vom Haus der Bayerischen Geschichte in Kooperation mit der Nationalgalerie Prag und dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg erstellt. Beide Ausstellungen in Prag und in Nürnberg werden durchgehend dreisprachig deutsch, tschechisch und englisch gestaltet sein.
Minister Spaenle: „Die Menschen in Bayern und Tschechien dürfen sich auf eine außergewöhnliche Ausstellung mit hochrangigen Exponaten freuen. Stellvertretend dafür steht mit der Goldenen Bulle von 1356 auch ein zentrales Dokument der Regierungszeit Karls IV. und eines der wichtigsten Dokumente der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Verfassungsgeschichte überhaupt. Ich bin sicher, dass die bayerisch-tschechische Landesausstellung neue Aspekte der Herrscherpersönlichkeit Karls IV. beleuchten und die vielfältigen Berührungspunkte der Geschichte beider Länder herausarbeiten wird. Die Landesausstellung wird damit auch zu einer weiteren Festigung der guten Beziehungen zwischen dem Freistaat Bayern und der Tschechischen Republik beitragen.“
3. 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel / Europaministerin Dr. Beate Merk und Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle präsentieren bayerisch-israelisches Jahresprogramm / Merk: „Jubiläumsjahr zeigt lebendige Erinnerungskultur und starke bayerisch-israelische Partnerschaft im 21. Jahrhundert“ / Spaenle: „Erinnerung ist Verpflichtung für Gegenwart und Zukunft!“
Europaministerin Dr. Beate Merk und Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle haben heute im Ministerrat das bayerisch-israelische Jahresprogramm anlässlich des 50. Jahrestags der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel vorgestellt. Die Staatskanzlei hat die Koordination übernommen und ein vielfältiges Jahresprogramm mit Austausch- und Informationsprojekten für Schüler, Studenten und Lehrkräfte, bilateralen Projekten, Veranstaltungen und Reisen konzipiert. Staatsministerin Beate Merk: „Das Programm zeigt, dass in Bayern beides zusammengehört: der Blick zurück in die Vergangenheit und der Blick in die Zukunft. Das Jubiläumsjahr wird von einer lebendigen Erinnerungskultur, aber auch von einer starken bayerisch-israelischen Partnerschaft im 21. Jahrhundert geprägt.“
Im Fokus stehen Kooperationen in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft und Landwirtschaft. Die Neueröffnung des israelischen Generalkonsulats im umgebauten Gebäude am Karolinenplatz, die Ende dieses Jahres stattfindet, ist ein Höhepunkt des bayerischen Jahresprogramms. „Dass München Sitz des einzigen israelischen Generalkonsulats in der Bundesrepublik ist, zeigt unsere gute Zusammenarbeit und den Stellenwert Bayerns für Israel. Ich bin stolz auf das, was wir als Staatsregierung gemeinsam mit Generalkonsul Dr. Dan Shaham auf die Beine stellen“, unterstrich Ministerin Merk.
Einen Schwerpunkt bilden die Reisen des Bayerischen Ministerpräsidenten sowie von weiteren Kabinettsmitgliedern nach Israel und eine große Bandbreite an Veranstaltungen und Projekten im Jahresverlauf. Dazu zählen die Gedenkfeiern aus Anlass des 70. Jahrestags der Befreiung der Konzentrationslager Dachau und Flossenbürg sowie die Eröffnung des Bildungshauses an der Gedenkstätte Flossenbürg und der neuen Gedenkstätte beim ehemaligen KZ-Außenlager Hersbruck. Hinzukommen die Veranstaltungen und Austauschprojekte mit den Schwerpunkten Kultur, Bildung und Wissenschaft in vielen Kommunen, Landkreisen und Bezirken in ganz Bayern. Staatsministerin Merk: „Bayern ist heute ein Land mit blühenden israelitischen Kultusgemeinden. Wir sind glücklich über jeden jüdischen Mitbürger, der Bayern seine erste oder auch seine zweite Heimat nennt.“
Wissenschaftsministerin Dr. Ludwig Spaenle erläuterte die vielfältigen Beiträge des Ministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst zum Jahresprogramm. Dazu zählen besonders die „Bayerisch-israelische Bildungskooperation“ sowie die Schaffung des „Erinnerungsortes Olympia-Attentat München 1972“. Staatsminister Spaenle: „Israel und Bayern teilen die Überzeugung, dass Erinnerung eine Verpflichtung für Gegenwart und Zukunft in sich birgt: 70 Jahre Ende von Zweitem Weltkrieg und Holocaust: Das `Nie wieder‘ ist der normative Kompass für uns und für alle, die in Deutschland, in Bayern leben!“ Abschließend betonten die Minister Merk und Spaenle: „Das bayerisch-israelische Jahresprogramm zeigt: Gute Beziehungen zu Israel im 21. Jahrhundert – das ist eine Gemeinschaftsaufgabe, der sich die Staatsregierung mit Überzeugung annimmt!“
4. Kabinett trifft wichtige Personalentscheidungen
Das Kabinett hat heute die folgenden Personalentscheidungen getroffen:
Der bisherige Stellvertretende Generaldirektor der Staatsbibliothek Dr. Klaus Ceynowa wird mit Wirkung vom 1. April 2015 zum Generaldirektor der Staatsbibliothek ernannt. Der bisherige Generaldirektor der Staatsbibliothek Dr. Rolf Griebel ist mit Ablauf des Monats Dezember 2014 in den Ruhestand getreten.
Der Polizeivizepräsident beim Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei Gerhard Kallert wird mit Wirkung vom 1. März 2015 zum Polizeipräsidenten als Leiter des Polizeipräsidiums Unterfranken ernannt. Die bisherige Präsidentin Liliane Matthes wird mit Ablauf des Monats Februar 2015 mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand treten.
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