Bericht aus der Kabinettssitzung vom 12. April 2016 Teil 2
1. Bayern startet Initiative im Bundesrat, um Vielfalt von Erzeugern erneuerbarer Energien im EEG zu sichern / Wirtschafts- und Energieministerin Ilse Aigner: „Bürgerenergieprojekte müssen gestärkt werden / Persönliches Engagement der Betreiber und regionale Wertschöpfung tragen zur Akzeptanz vor Ort bei“
2. Staatsregierung fordert weitere Hilfen für krisengebeutelte Milchbauern / Bayern drängt bei Agrarministerkonferenz auf zusätzliche Finanzhilfen und mengenwirksame Instrumente / Landwirtschaftsminister Brunner: „Bisherige Maßnahmen Brüssels nur ein Tropfen auf den heißen Stein“
3. Bayern schlägt Feldgeschworenenwesen, Further Drachenstich, Landshuter Hochzeit und Osingverlosung für Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes vor / Wissenschafts- und Kunstminister Spaenle: „Pflege und Erhalt immaterieller kultureller Ausdrucksformen haben besonderen Stellenwert in Bayern“
4. Innenstaatssekretär Gerhard Eck zur Einführung des Digitalfunks in Bayern: „Digitales Funknetz landesweit in Betrieb / Alle bayerischen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben von Anfang an mit dabei / Hochfunktional, äußerst leistungsfähig und abhörsicher“
1. Bayern startet Initiative im Bundesrat, um Vielfalt von Erzeugern erneuerbarer Energien im EEG zu sichern / Wirtschafts- und Energieministerin Ilse Aigner: „Bürgerenergieprojekte müssen gestärkt werden / Persönliches Engagement der Betreiber und regionale Wertschöpfung tragen zur Akzeptanz vor Ort bei“
Das Kabinett hat heute eine Bundesratsinitiative beschlossen, mit der Bürgerenergieanlagen gestärkt werden sollen. Wirtschafts- und Energieministerin Ilse Aigner: „Wir brauchen im neuen EEG Regelungen, die Bürgerenergieprojekten in Ausschreibungen faire Wettbewerbschancen bieten. Kleine und regional verwurzelte Betreiber von Erneuerbaren-Energien-Anlagen benötigen unseren Schutz. Deshalb fordern wir einen Vorrang für Bürgerenergieanlagen.“
Im Entwurf für das neue EEG ist vorgesehen, die Förderung für erneuerbare Energien durch Ausschreibungen zu ermitteln. Haupthemmnis für Bürgerenergieanlagen ist das Risiko, bei der Ausschreibung leer auszugehen und auf den im Vorfeld aufgewendeten Kosten sitzen zu bleiben. Bayern fordert in seinem Bundesratsantrag daher, dass Bürgerenergieprojekte eine Zuschlagsgarantie erhalten. Sie sollen kein Angebot über die Höhe der Vergütung abgeben müssen, sondern nach dem höchsten Gebot gefördert werden, das noch einen Zuschlag erhalten hat. Dieses Modell soll für alle erneuerbaren Energien gelten.
Aigner: „Bürgerenergieprojekte spielen technologieübergreifend eine große Rolle. Sie tragen zur lokalen Wertschöpfung bei, sorgen für Akzeptanz vor Ort und sind entscheidend für das Gelingen der Energiewende. Sie brauchen einen echten Vorrang, damit das breite Engagement einer Vielzahl unterschiedlicher Akteure bei der Erzeugung erneuerbarer Energien erhalten bleibt.“
2. Staatsregierung fordert weitere Hilfen für krisengebeutelte Milchbauern / Bayern drängt bei Agrarministerkonferenz auf zusätzliche Finanzhilfen und mengenwirksame Instrumente / Landwirtschaftsminister Brunner: „Bisherige Maßnahmen Brüssels nur ein Tropfen auf den heißen Stein“
Die Staatsregierung wird sich auf der morgen beginnenden Agrarministerkonferenz in Mecklenburg-Vorpommern für zusätzliche Hilfen zugunsten der krisengebeutelten Milcherzeuger in Bayern und Deutschland stark machen. „Die bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, um den aus den Fugen geratenen Milchmarkt zu stabilisieren und den Betrieben über die außerordentlich schwierige Zeit zu helfen“, so Landwirtschaftsminister Helmut Brunner im Kabinett. Durch das anhaltende Preistief seien bereits viele Michviehbetriebe in ihrer Existenz bedroht. Der Minister will deshalb seine Länderkollegen dazu bewegen, gemeinschaftlich weitergehende Hilfen von Brüssel und Berlin einzufordern. „Wir brauchen eine kluge Kombination aus zusätzlichen Soforthilfen und mittelfristig wirksamen Instrumenten, um ein Höfe-Sterben mit unabsehbaren Folgen für die ländlichen Räume zu vermeiden“, so Brunner. Unter anderem müsse Brüssel unverzüglich deutlich mehr Geld für Liquiditätshilfeprogramme zur Verfügung stellen – schließlich seien die bisherigen Finanzhilfen nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Und auch der Bund könne durch eine weitere Aufstockung der Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung für eine spürbare finanzielle Entlastung sorgen.
Allerdings reichen aus Sicht des Ministers Finanzmittel alleine nicht aus, um die Milchkrise zu bewältigen. Die EU-Kommission müsse sich deshalb endlich dazu durchringen, auch gezielte Eingriffe zur Entlastung der Märkte vorzunehmen – etwa Nahrungsmittelbeihilfe in Krisenregionen. Nur so könne es gelingen, den Abwärtstrend bei den Preisen zu durchbrechen. Darüber hinaus verlangt Brunner von Brüssel, auch neue Instrumente wie Versicherungslösungen zur Stabilisierung der Betriebseinkommen zu prüfen. Aber auch die Wirtschaftsbeteiligten selbst sind dem Minister zufolge gefordert, einen Beitrag zu leisten – etwa durch eine Konkretisierung der Milchlieferverträge zwischen Erzeugern und Molkereien im Hinblick auf Mengen, Preise und Laufzeit. Auf diese Weise könnten Angebot und Nachfrage besser in Einklang gebracht werden, so Brunner.
Für den Agrarstandort Bayern ist die Milchproduktion von zentraler Bedeutung. Sie macht ein Viertel des gesamten Produktionswerts der bayerischen Landwirtschaft aus. Mit rund 32 000 Milcherzeugern und einer Jahresproduktion von 7,9 Millionen Tonnen Milch ist Bayern eine der bedeutendsten Milchregionen in Europa.
3. Bayern schlägt Feldgeschworenenwesen, Further Drachenstich, Landshuter Hochzeit und Osingverlosung für Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes vor / Wissenschafts- und Kunstminister Spaenle: „Pflege und Erhalt immaterieller kultureller Ausdrucksformen haben besonderen Stellenwert in Bayern“
Das Feldgeschworenenwesen in Bayern, der Further Drachenstich, die Landshuter Hochzeit und die Osingverlosung sollen in das deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden. Das Kabinett hat auf Vorschlag von Wissenschafts- und Kunstminister Dr. Ludwig Spaenle beschlossen, einen entsprechenden Antrag an das Sekretariat der Kultusministerkonferenz weiterzuleiten.
Spaenle: „Gerade in Bayern genießen Pflege und Erhalt immaterieller kultureller Ausdrucksformen einen besonders hohen Stellenwert. Die vielfältigen Bräuche, Rituale und Feste sind als kulturelles Erbe im Bewusstsein der Bevölkerung breit verankert. Sie sind nicht nur Teil der bayerischen Identität, sondern auch von großer Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und laufender Modernisierungsprozesse sind ihre Sichtbarmachung, Anerkennung und Bewahrung eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.“
In Bayern liegen insgesamt 26 Bewerbungen vor. Im Ländervergleich ist dies mit deutlichem Abstand die größte Anzahl. Ein Expertengremium unter Vorsitz des Regensburger Kulturwissenschaftlers Prof. Dr. Daniel Drascek sprach sich nach eingehender Begutachtung aller Bewerbungen für die vier Vorschläge aus. Inhaltliche Begründung:
• Feldgeschworenenwesen (bayernweit): Feldgeschworene oder sogenannte „Siebener“ wachen seit Jahrhunderten über die Einhaltung von Grundstücksgrenzen und sorgen durch Grenzsteinsetzung für deren Sichtbarkeit. Dies ist gerade in Franken mit seinen kleinteiligen Flurstücken infolge der Realteilung von besonderer Bedeutung. Dies erklärt, weshalb die Feldgeschworenenvereinigung Landkreis und Stadt Fürth den vorliegenden Antrag eingereicht hat. Träger des Rechtsbrauchs sind die bayernweit ca. 24.000 durch ihre jeweiligen Gemeinderäte bestellten Feldgeschworenen. Bei dieser seit über 500 Jahren primär mündlich tradierten Rechtspraxis handelt es sich um ein außergewöhnliches Beispiel für ein kommunales Ehrenamt, das für den sozialen Frieden in ländlichen Gebieten von zentraler Bedeutung war und das auch heute noch große Wertschätzung genießt.
• Further Drachenstich (Oberpfalz): Das historische Festspiel „Der Drachenstich“ zu Furth im Wald hat sich aus einer seit 1590 belegbaren Fronleichnamsprozession entwickelt, bei der auch die Skulptur eines Georgs-Drachens mitgeführt wurde, der seit 1646 sicher belegbar nach der Prozession abgestochen wurde. Für Furth und Umgebung ist der Drachenstich, an dem rund 1.500 Personen mitwirken, das zentrale kulturelle Ereignis des Jahres. Seit rund 400 Jahren setzt sich die Bevölkerung aktiv und nachdrücklich für dessen Fortbestand ein. „Furth lebt, solange der Drache stirbt“, heißt es vor Ort. Der Further Drachenstich ist ein herausragendes Beispiel für eine überregional bekannte Festspieltradition.
• Landshuter Hochzeit 1475 (Niederbayern): Das historische Dokumentarspiel „Landshuter Hochzeit 1475“, das im Jahre 1903 erstmals zur Aufführung gelangte, reinszeniert eines der prunkvollsten Feste des ausgehenden Mittelalters: die Vermählung des Wittelsbacher Herzogs Georg des Reichen mit der polnischen Königstochter Hedwig. Bei der Inszenierung des Festes orientiert man sich eng an den schriftlichen Quellen und legt in Bezug auf Musik, Musikinstrumente, Tanz, Kleidung, Waffen, Rüstung und Wägen großen Wert auf Authentizität. Die Landshuter Hochzeit stellt mit einer Überlieferungstradition von über 110 Jahren ein hervorragendes Beispiel für eine von breiten Schichten der Bevölkerung getragene außerordentlich vitale Spieltradition dar, die ein identitätsstiftendes historisches Ereignis des ausgehenden Mittelalters mit Leben erfüllt.
• Osingverlosung (Mittelfranken): Der im Jahr 1465 erstmals urkundlich erwähnte „Osing“ ist eine gemeindefreie Hochfläche von 274 ha zwischen den vier mittelfränkischen Gemarkungen Herbolzheim, Humprechtsau, Krautostheim und Rüdisbronn am Südrand des Steigerwaldes im Landkreis Neustadt an der Aisch/Bad Windsheim. Alle zehn Jahre (zuletzt 2014) werden die 213 Einzeläcker des „Osing“ in ritualisierter Form nach genau festgelegten Regeln unter den Anteilseignern verlost. Die Art der Nutzung sowie die Vermarktung der Erträge bleiben den jeweiligen Bauern überlassen. Diese seit mehr als 550 Jahren bestehende genossenschaftliche Praxis besitzt für die Bürger aus den vier beteiligten Gemeinden einen sehr hohen soziokulturellen Stellenwert und stellt eine außergewöhnliche Form selbstorgansierter ständiger Flurbereinigung dar.
Bayern hat als zusätzliche Plattform ein eigenes Landesverzeichnis für das immaterielle Kulturerbe eingerichtet. Hier erfolgten die ersten 13 Eintragungen im Herbst des vergangenen Jahres. Spaenle: „Durch das bayerische Landesverzeichnis für das immaterielle Kulturerbe werden Bedeutung und Ausdrucksformen lebendiger regionaler Traditionen in den öffentlichen Fokus gerückt sowie ihre Pflege und Weitergabe an kommende Generationen gesichert. Die Aufnahme in das Landesverzeichnis ist Ausdruck von hoher Wertschätzung und Anerkennung.“
Auch aus dem Kreis der eingereichten Anträge wird es Neuaufnahmen in das Bayerische Landesverzeichnis geben. Welche Traditionen Eingang in das Bayerische Landesverzeichnis finden, steht noch in der ersten Jahreshälfte 2016 fest.
4. Innenstaatssekretär Gerhard Eck zur Einführung des Digitalfunks in Bayern: „Digitales Funknetz landesweit in Betrieb / Alle bayerischen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben von Anfang an mit dabei / Hochfunktional, äußerst leistungsfähig und abhörsicher“
Wie Innenstaatssekretär Gerhard Eck heute dem Kabinett berichtet hat, ist mit dem Erstaufbau und der Einbindung der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) das bayerische Digitalfunknetz landesweit in Betrieb. Nur noch an zwei Standorten im hochalpinen Gelände müssen bis Mitte 2016 weitere Sendeanlagen installiert werden, die witterungsbedingt 2015 nicht aufgebaut werden konnten. Mit dann 879 Basisstationen hat Bayern rund ein Fünftel der bundesweit etwa 4.500 benötigten Sendeanlagen. „Selbst in topographisch anspruchsvollen Gegenden wie den Alpen haben wir im Freistaat ein äußerst leistungsfähiges Digitalfunknetz aufgebaut, das unseren Einsatzkräften eine flächendeckende Funkversorgung bietet“, erläuterte Eck. „Unser hochfunktionales Digitalfunknetz ist ein Riesenfortschritt bei der Kommunikation unserer Einsatzkräfte.“ Die rund eine Milliarde Euro für Planung und Aufbau des Digitalfunknetzes sowie für den Betrieb bis 2021 seien gut investiert. Das habe sich unter anderem letztes Jahr beim G7-Gipfel in Elmau eindrucksvoll bestätigt.
Die Einführung des bundesweit einheitlichen Digitalfunks ist nach den Worten Ecks eines der größten technischen Modernisierungsvorhaben in Deutschland. „Mit rund 500.000 Nutzerinnen und Nutzern, die parallel kommunizieren können, ist es das weltweit größte Netz seiner Art“, so der Staatssekretär. „Die herausragenden Vorteile gegenüber der veralteten Analogfunktechnik sind insbesondere die Abhörsicherheit und Sprachqualität sowie die Möglichkeit der Alarmierung und Datenübertragung.“ Der Digitalfunk garantiere im Notfall nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch den Einsatzkräften selbst schnellstmögliche Hilfe und Unterstützung.
Neben der Bayerischen Polizei sind alle bayerischen BOS von Anfang an beim Digitalfunk mit dabei. „Das ist deutschlandweit einmalig“, betonte der Staatssekretär. In vielen Bundesländern beschränke sich die flächendeckende Teilnahme am Digitalfunk zurzeit noch auf die Polizei. Dagegen habe das bayerische Innenministerium alle bayerischen Zweckverbände für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung sowie alle Landkreise und kreisfreien Städte für die Teilnahme am Digitalfunk gewonnen. Tatkräftig unterstützt hat das Innenministerium beispielsweise auch die Digitalfunkausbildung.
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