Holetschek dringt auf eine enge Vernetzung für Arzneimittelversorgung mit Fiebersäften und Antibiotika für Kinder – Expertengespräch mit bayerischer Pharma-Taskforce – Bayerns Gesundheitsminister: Bund muss schnell …
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek dringt auf eine enge Vernetzung von Kinderärztinnen und -ärzten, Krankenkassen und Apotheken, um die Arzneimittelversorgung mit Fiebersäften und Antibiotika für Kinder im Freistaat sicherzustellen. Der Minister sagte am Samstag: „Lieferkettenprobleme, Wirkstoffmangel und eine akute Krankheitswelle stellen uns – und ganz Europa – vor allem bei Medikamenten für Kinder aktuell vor Herausforderungen. Ich stehe in engem Austausch mit allen Beteiligten – Pharmaunternehmen, Großhändler, Apotheken, Krankenkassen, Kinderärzte und Kliniken –, damit wir rasch Lösungen finden.“
Der Gesundheitsminister hatte in der vergangenen Woche bereits ein zweites Mal mit den Expertinnen und Experten der neuen Pharma-Taskforce über die aktuelle Lage beraten. Holetschek hatte die Pharma-Taskforce Ende November gegründet.
Der Minister erläuterte: „Die Apothekerinnen und Apotheker in unserem Land tun alles, was sie können. Sie stellen im Bedarfsfall Fiebersäfte selbst her. Für ihren unermüdlichen Einsatz in dieser besonderen Situation – und auch darüber hinaus – möchten ich ihnen herzlich danken!“
Holetschek appellierte auch an die Ärztinnen und Ärzte und Apothekerinnen und Apotheker, sich eng miteinander zu vernetzen. Der Minister sagte: „Tauschen Sie sich untereinander auch zur Verschreibung von Arzneimitteln und möglichen Alternativen aus. Alle müssen an einem Strang ziehen.“
Holetschek fügte hinzu: „Auch die Krankenkassen müssen ihren Beitrag leisten. Es ist wichtig, dass jetzt alle gesetzlichen Krankenkassen anfallende Mehrkosten bei Fiebersäften übernehmen und unbürokratische Hilfe anbieten. Ich freue mich, dass bereits einige Kassen als Vorbild voranschreiten. Die anderen müssen dem Bespiel rasch folgen. Mit klaren Regelungen können wir für mehr Sicherheit sorgen.“
Der Minister ergänzte: „Ich begrüße, dass sich endlich auch Bundesminister Lauterbach für das Thema einsetzt und kurzfristig eine Lösung finden will. Hier hat der Bund unsere volle Unterstützung. Kinder- und Jugendmedizin darf kein Kostenfaktor sein. Aber: Die aktuellen Lieferengpässe sind auch Problemen in den Lieferketten geschuldet. Ich fordere den Bund auf, den Pharmagroßhandel und die pharmazeutischen Unternehmen zu unterstützen, die Lieferwege wieder möglichst rasch und reibungslos zu gestalten. Auch die Bundeswehr könnte sich einbringen, da sie normalerweise eine Bevorratung hat. Wie ich aber höre, ist genau diese Medikamentenbevorratung augenscheinlich nicht gegeben – nicht einmal für Erwachsene. Dass die Bundeswehr nicht vorbereitet ist, ist schlicht nicht akzeptabel!“
Holetschek betonte: „Lauterbach muss noch vor Weihnachten einen Gipfel mit Ärzteverbänden, KBV, Apothekern, Pharmagroßhändlern und pharmazeutischen Unternehmen einberufen, in dem alle Möglichkeiten zum Handeln auf den Tisch kommen! Der Freistaat und sicher andere Länder auch, werden sich gern beteiligen. Auf Landesebene haben wir eine solche Vernetzung bereits. Sie auf den gesamten Bund auszudehnen, kann hilfreich sein. Klar ist: Der Dialog ist in Berlin zuletzt zu kurz gekommen und der Bundesgesundheitsminister hat mit dem Finanzstabilisierungsgesetz viel Vertrauen in der Branche zerstört.“
Dr. Michael Hubmann, 2. stellvertretender Landesvorsitzender des Landesverbands Bayern des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, betonte: „Die aktuellen Aussagen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach im Bundestag zum Ende der Budgetierung in der Kinder- und Jugendheilkunde zeigen, dass der politische Druck von Ländern und Verbänden etwas bewirkt hat. Das geht in die richtige Richtung. Die entsprechende Umsetzung muss aber noch mit den Verbänden abgesprochen werden. Anscheinend hat die Ampel ihren Koalitionsvertrag doch nicht ganz vergessen.“
Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes e. V., sagte: „Aus Sicht von Apothekerinnen und Apothekern gibt es einige Lösungsansätze. Lieferengpässe müssen von pharmazeutischen Unternehmen und Großhandel verpflichtend bekanntgegeben werden. Sämtliche Akteure müssen in ein zentrales Informationssystem eingebunden werden. Außerdem sollten Krankenkassen verpflichtet werden, mit mehr als einem Arzneimittelhersteller Rabattverträge zu schließen. So können die Lieferengpässe eines Anbieters durch die anderen leichter ausgeglichen werden.“
Holetschek kritisierte: „Leider ist das, was wir jetzt erleben, ein Versorgungsmangel mit Ansage. Zu viel Bürokratie, zu komplizierte Vergabeverfahren und ein zu großer Preisdruck machen die Arzneimittelproduktion in Deutschland seit Jahren immer unattraktiver. Was wir brauchen, sind wirksame Maßnahmen zur Stärkung des Arzneimittelstandorts Deutschland und Europa. Hier muss der Bund endlich handeln – und zwar kurz-, mittel- und langfristig.“
Der Minister ergänzte: „Der Bund muss zudem dringend ein Frühwarnsystem einführen. Nur so können Lieferengpässe rechtzeitig erkannt und entsprechend gehandelt werden. Zudem brauchen die Apotheken endlich definierte Spielräume beim Management von Lieferengpässen. Die Arzneimittelversorgungsverordnung der Corona-Pandemie kann hier als gutes Beispiel genutzt werden.“
Hans-Peter Hubmann ergänzte: „Dank eines größeren Entscheidungsspielraums können Apotheken auf wirkstoffgleiche oder -ähnliche Alternativpräparate, andere Packungsgrößen oder Wirkstärken zurückgreifen, sofern sie vorhanden sind. Diese Möglichkeiten gehen verloren, wenn die Ausnahmeregelungen zum April 2023 auslaufen. Wir brauchen dauerhafte pharmazeutische ‚Beinfreiheit‘, denn auch die Lieferengpässe dauern an und sorgen für große Verunsicherung bei Patienten und unbezahlten Mehraufwand für das Apothekenpersonal. Die Krankenkassen müssen keine Angst vor Extrakosten haben, wie eine eigens durchgeführte Analyse des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts e. V. belegt.“
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