Holetschek fordert EU-Initiativen für Arzneimittelversorgung – Bayerns Gesundheitsminister zu politischen Gesprächen in Brüssel – EU-Kommission muss Medizinprodukteverordnung verbessern – Holetschek dringt auf EU-Veto gegen …
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat bei einem Besuch in Brüssel mehr Initiativen der Europäischen Union für die Arzneimittelversorgung in Europa gefordert. Holetschek sagte am Donnerstag am Rande von politischen Gesprächen: „Die EU-Kommission muss bei der geplanten Überarbeitung des EU-Arzneimittelrechts bestmögliche Rahmenbedingungen für die Medikamentenversorgung schaffen. Dazu gehört zum Beispiel Bürokratieabbau. So sollten etwa Zulassungsverfahren dringend beschleunigt werden.“
Der Minister ergänzte: „Ein Ziel muss sein, europäische Produktionsstandorte zu erhalten und auszubauen. Dafür wäre es hilfreich, wenn Mitgliedstaaten einfacher als bisher staatliche Förderungen für die Produktion anbieten könnten.“
Zugleich warnte Holetschek vor einer zu starken Abhängigkeit von Drittstaaten mit Monopolen und Oligopolen wie etwa China. Dazu erläuterte der Minister: „Wir sollten international die gleichen Maßstäbe anlegen wie bei uns, wenn wir langfristig eine nachhaltige Arzneimittelproduktion anstreben. Das bedeutet, dass wir darauf hinarbeiten sollten, Arzneimittel und Wirkstoffe nur in die EU zu importieren und bei uns zuzulassen, wenn in Drittstaaten nach europäischen sozial- und Umwelt-Standards produziert wird. Das bedeutet aber auch, keine neuen Belastungen für die pharmazeutischen Unternehmen in Europa zu schaffen, wie es zum Beispiel gerade mit der sogenannten Herstellerverantwortung im aktuellen Richtlinienvorschlag für die Behandlung von kommunalem Abwasser vorgesehen ist.“
Bei seinem zweitägigen Besuch am Mittwoch und Donnerstag traf der Minister zu Gesprächen unter anderem Europaabgeordnete und tauschte sich mit Georgios Rossides aus, Stabschef von EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Holetschek forderte die EU-Kommission auch zu weiteren Nachbesserungen bei der Europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) auf.
Der Minister erklärte: „Ich begrüße ausdrücklich, dass die EU-Kommission angekündigt hat, die Übergangsfristen in der MDR für Zertifizierungen von sicheren und bewährten Medizinprodukten nach dem alten Rechtstand um bis zu vier Jahre zu verlängern. Kurzfristig schafft das Erleichterung in der Versorgung und bei den betroffenen Unternehmen – auch in Bayern. Aber das ist noch zu wenig.“
Holetschek erläuterte: „Wir brauchen zum Beispiel dauerhafte Lösungen für versorgungsrelevante Nischenprodukte, die nur in geringer Stückzahl benötigt werden – wie etwa bei der Behandlung von Kindern. Hohe Zertifizierungskosten würgen Produktion und Innovation ab. Die EU-Kommission darf nicht abwarten, sondern muss möglichst schnell gesetzgeberisch für langfristige Stabilität sorgen.“
Medizinprodukte sind unter anderem Implantate, Zubehör zur Injektion, Infusion, Transfusion und Dialyse, humanmedizinische Instrumente, Katheter oder Herzschrittmacher, aber auch zum Beispiel Pflaster und Verbände, Brillen und Zahnfüllungen. Die MDR der EU könnte dazu führen, dass bewährte Medizinprodukte vom Markt verschwinden, weil die Regeln für die Zertifizierung sowohl strenger als auch bürokratischer werden und die Umsetzung damit teurer für die Unternehmen wird.
Holetschek warb in Brüssel zudem erneut für ein Veto der EU-Kommission gegen die Cannabis-Legalisierung der Bundesregierung. Der Minister sagte: „Auch wenn aktuell noch kein offizielles Notifizierungsverfahren eingeleitet ist, würde ich mir ein klares Signal aus Brüssel wünschen, dass die Cannabis-Pläne der Bundesregierung nach Europarecht nicht umsetzbar sind. Mein Eindruck ist, dass dies unter Juristinnen und Juristen auch die herrschende Meinung ist. Ich habe ein eigenes Rechtsgutachten zum Thema ‚Völker- und europarechtliche Grenzen einer Cannabislegalisierung in Deutschland‘ in Auftrag gegeben, das ich voraussichtlich Anfang März vorstellen werde.“
Am Mittwoch hatte Holetschek zudem zu einer Abendveranstaltung in die Bayerische Vertretung in Brüssel geladen. Rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten dabei über das Thema Europäischer Gesundheitsdatenraum diskutiert, darunter ranghohe Vertreter der Industrie, der Patientenverbände, des Europaparlaments und der EU-Kommission.
Holetschek betonte: „Gesundheitsdaten sind der Schlüssel für eine datenbasierte Versorgung und politische Steuerung sowie die Forschung. Deswegen begrüße ich ausdrücklich den Entwurf der EU-Kommission für den Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS). Er vereinheitlicht das Datenschutzniveau im Gesundheitsbereich in Europa und bringt dabei mehr Souveränität für die Patientinnen und Patienten, verbessert die Datengrundlage für Forschung allgemein und gibt der forschenden Industrie Zugang zu wichtigen Gesundheitsdaten.“
Der Minister ergänzte: „Allerdings sehe ich auch einige Schwächen des Verordnungs-Entwurfes. Die Mitgliedstaaten brauchen in der Umsetzung ein größeres Mitspracherecht, das Widerspruchsrecht muss gestärkt werden und entscheidende Begriffe wie zum Beispiel ‚Anonymisierung‘ sollten klarer definiert werden. Ich habe auf Nachbesserungen in diesem Bereich gedrungen.“
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