„Übergabe des Pontificale an polnische Kirche als Symbol der Verständigung und des Miteinanders“ – Bayerns Wissenschaftsminister Spaenle übergibt das „Plocker Pontificale“ aus dem 12. Jahrhundert in Warschau an den polnischen Bischof Libera
WARSCHAU. Heute haben Bayerns Wissenschaftsminister Dr. Ludwig Spaenle und Dr. Klaus Ceynowa, Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek, das sog. Plocker Pontificale, eine wertvolle liturgische Handschrift aus dem 12. Jahrhundert, in Warschau an den Bischof der polnischen Diözese Plock, Piotr Libera, übergeben. Dabei anwesend waren der polnische Außenminister Grzegorz Schetyna und der deutsche Botschafter in Polen, Rolf Nikel.
Minister Spaenle: „Das Pontificale, das für die Erzdiözese Gnesen geschaffen worden war und um 1250 an die Diözese Plock gegeben wurde, spielt in der Geschichte der polnischen Kirche eine wichtige Rolle. Ich will mit der Übergabe der Handschrift an Bischof Libera ein klares Zeichen der Verständigung und des Miteinanders setzen. Das Pontificale ist ein Zeugnis für die gemeinsamen Wurzeln der beiden Länder. Seine Übergabe ist ein starkes Symbol für eine gemeinsame Zukunft Deutschlands und Polens in Europa auf einer christlich-abendländischen Wertegrundlage.“
Das Christentum hatte, daran erinnerte Minister Spaenle, Deutsche und Polen vor 1000 Jahren eng zueinander geführt. „Das Machtstreben vieler Herrscher in verschiedenen Jahrhunderten und die menschenverachtende Politik der Nationalsozialisten haben aber später immenses Unrecht und Leid verursacht. Daran müssen wir uns gerade anlässlich des Kriegsendes vor 70 Jahren in tiefer Trauer erinnern“, betonte Minister Spaenle. „Wir wollen an einer gemeinsamen Zukunft in Freundschaft und Verbundenheit unter dem Dach Europas weiter bauen, die Übergabe des Pontificale ist ein Symbol für unseren Willen dazu.“
Die Übergabe erfolgte auf der Grundlage des Washingtoner Abkommens, da die Nationalsozialisten die kirchengeschichtlich höchst wertvolle Handschrift 1939 beschlagnahmt und dann entwendet hatten. Minister Spaenle unterstrich: „Bayern folgt den Vorgaben des Washingtoner Abkommens und prüft alle Restitutionsforderungen eingehend. Dabei gilt der Grundsatz: Den Bestand erforschen und im Einvernehmen mit den Erben nach fairen und tragfähigen Lösungen suchen.“
Bischof Libera hatte sich im März 2015 an den Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek gewandt und um die Übergabe des Pontificale ersucht.
Generaldirektor Dr. Klaus Ceynowa sagte bei der Übergabe: „Für die Bayerische Staatsbibliothek ist es selbstverständlich, dass in ihre Sammlungen nur das gehört, was rechtmäßig dorthin gekommen ist. Daher ist die Rückgabe des Pontificales an Plock auch für mich ganz persönlich ein Freudentag.“
Kleine Geschichte des Pontificale
Das Plocker Pontificale aus dem 12. Jahrhundert gehörte zunächst zum Besitz der von Kaiser Otto III. und Papst Silvester II. auf Bitten des polnischen Herzogs Boleslaw I. Chrobry um 1000 errichteten Erzdiözese Gnesen. Mit der Errichtung der Kirchenprovinz Gnesen konnte die katholische Kirche Polens eigene Traditionen ausprägen. Um 1250 ist das Pontificale vom Metropolitansitz Gnesen an das Suffraganbistum Plock gegeben worden. Das Pontificale enthält Texte für liturgische Handlungen, die dem Bischof vorbehalten sind. Es dokumentiert die Ausformung entsprechender Gebräuche in der damaligen Erzdiözese Gnesen und deren Suffraganbistümer, u.a. Plock, und bringt für viele Riten, z. B. aus der österlichen Liturgie, den ersten Beleg auf polnischem Boden.
Die Nationalsozialisten hatten die einzigartige Handschrift aus der Bibliothek des Priesterseminars der Diözese Plock entwendet. Unter dem Hinweis auf eine falsche Provenienz und mit einem falschen Titel war sie 1973 von einem Auktionator in Bayern angeboten und von der Bayerischen Staatsbibliothek angekauft worden. Eine liturgiewissenschaftliche Untersuchung hat die Herkunft der Handschrift später ermittelt.
Dr. Ludwig Unger
Tel. 0049 89 21862105, mobil 0049 173 8632709
-
BAYERN | DIREKT:
Wir beantworten Ihre Anliegen gerne – telefonisch unter
089 12 22 20*oder per E-Mail an
direkt@bayern.deoder über das Kontaktformular
Montag bis Donnerstag von 08:00 bis 18:00 Uhr und Freitag von 08:00 bis 16:00 Uhr.