ZUM BUNDESRAT AM 10. OKTOBER 2014 Bundesratsminister Dr. Marcel Huber: „Bundesweites Verteilungsverfahren von unbegleitet einreisenden Minderjährigen nötig, Betreuung ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen
Bayern hat wichtige Debatte zur Armutsmigration angestoßen, Fehlanreizen insbesondere beim Kindergeld konsequent entgegenwirken; Neuregelung von Sexualstrafrecht noch nachjustieren, Kinder effektiv schützen, aber nicht übers Ziel hinausschießen“
Bayerische Bundesratsinitiative zu unbegleiteten Minderjährigen (TOP 35):
Angesichts der internationalen Krisenherde ist die Zahl der alleine und ohne Begleitung ihrer Eltern einreisenden Kinder und Jugendlichen sprunghaft angestiegen. In Bayern haben sich die Zugangszahlen binnen eines Jahres versechsfacht. Nach aktuellen Prognosen ist davon auszugehen, dass der Zustrom weiter anhalten wird. Bundesratsminister Dr. Marcel Huber kündigte deshalb eine bayerische Bundesratsinitiative für ein bundesweites Verteilungsverfahren an: „Unbegleitet einreisende Minderjährige müssen zukünftig gleichmäßig auf die Jugendämter in ganz Deutschland verteilt werden. Die gute Betreuung der Jugendlichen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie kann nicht allein von den Kommunen an den Hauptzugangsrouten geschultert werden. Ziel ist eine bundesweite Verteilung wie bei erwachsenen Asylbewerbern.“
Die Unterbringung wird derzeit in erster Linie von den Jugendämtern an den Außengrenzen Deutschlands, in Einzugsgebieten von Flug- oder Seehäfen sowie in der Nähe von zentralen Aufnahmeeinrichtungen bewältigt. Huber wies darauf hin, dass die betroffenen Einrichtungen extrem stark belastet sind und viele bereits jetzt die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreicht haben. Bayerns Bundesratsminister: „Es geht um das Wohl der Kinder. Dabei stehen allerdings nicht nur die Länder, sondern auch der Bund in der Verantwortung. Der Bund muss Länder und Kommunen finanziell erheblich unterstützen.“
Huber zeigte sich zuversichtlich, zeitnah eine Lösung zu finden: „Wir sind dankbar, dass die von dieser Entwicklung weniger betroffenen Länder bereits Entgegenkommen signalisiert haben. Auch die Bundesregierung hat ihre Bereitschaft erkennen lassen, Mittel bereitzustellen.“
Zu Armutsmigration und EU-Freizügigkeit (TOP 11):
Die Staatsregierung begrüßt nach den Worten von Bayerns Bundesratsminister Dr. Marcel Huber den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur EU-Freizügigkeit. „Bayern hat Anfang des Jahres eine wichtige Debatte zur Armutsmigration angestoßen. Das Bayerische Kabinett hat sich mehrfach intensiv mit dem Thema befasst und konkrete Vorschläge gegen den vermehrten Missbrauch der EU-Freizügigkeit eingebracht. Die Beratungen im Staatssekretärsausschuss haben gezeigt, dass es hier um die Lösung realer und drängender Probleme geht. Der im Bundesrat vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung geht letztlich auf unsere Initiative zurück. Es ist ein großer Erfolg bayerischer Politik, wenn jetzt viele unserer Forderungen umgesetzt werden“, erklärte Huber.
Dazu gehöre, so der Minister, die Einführung von befristeten Wiedereinreisesperren, die Befristung des Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche, die erleichterte Bekämpfung von Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit, die Eindämmung von Kindergeldbetrug sowie die Strafbarkeit des Erschleichens von Aufenthaltsbescheinigungen. Huber: „Es ist besonders zu begrüßen, dass der Bund mit finanzieller Soforthilfe zur Unterstützung von Kommunen beiträgt.“
Nach Auffassung der Staatsregierung gehen die Maßnahmen allerdings noch nicht weit genug. Bayerns Bundesratsminister: „Wir müssen an dem Thema dranbleiben. Unsere Kommunen und die Menschen vor Ort sind neben der Zuwanderung aus EU-Mitgliedstaaten auch wegen der nicht abreißenden Flüchtlingsströme aus den Krisengebieten besonders gefordert. Es ist Aufgabe der Politik sicherzustellen, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie tatsächlich benötigt wird. Die EU-Freizügigkeit ist ein hohes Gut, dessen Akzeptanz wir in der Bevölkerung erhalten wollen. Daher gilt es, neben Missbrauch auch Fehlanreizen konsequent entgegenzuwirken. Es ist wichtig zu prüfen, ob das Kindergeld an die wirtschaftliche Situation und die Lebenshaltungskosten am tatsächlichen Wohnort des Kindes angepasst werden kann. Es darf keine gezielte Ausnutzung unseres Sozialsystems auf Kosten des Steuerzahlers geben.“
Zur Strafbarkeit der Kinderpornographie und Nacktaufnahmen (TOP 16):
Bayern will Strafbarkeitslücken bei der Kinderpornografie schließen. Deshalb unterstützt die Staatsregierung die geplante Reform des Sexualstrafrechts. Bundesratsminister Dr. Marcel Huber: „Kinder sind die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft, bei ihrem Schutz ist der Staat besonders gefordert. Wer ihre Unbedarftheit und Unschuld aus sexuellen Motiven ausnutzt, muss betraft werden. Die Vorlage der Bundesregierung ist deshalb zu begrüßen. An einigen Stellen muss der Gesetzentwurf allerdings noch nachjustiert werden. Es geht darum, wirklich alle, aber gleichzeitig auch nur die tatsächlich strafwürdigen Fälle zu erfassen.“
Noch geschärft werden muss nach Auffassung Hubers die Definition von Kinderpornografie. „Das Gesetz muss jede sexuell aufreizende Darstellung von Minderjährigen erfassen. Es reicht deshalb nicht, wenn nur auf eine geschlechtsbetonte Körperhaltung der Kinder abgestellt wird. Strafbar sollte es bereits sein, wenn der Fokus der Aufnahme geschlechtsbetont ist, etwa durch die Komposition oder den Ausschnitt des Bildes“, so der Minister.
Besonders wichtig ist nach Auffassung der Staatsregierung, den kommerziellen Handel mit Nacktbildern von Kindern oder deren Tausch umfassend unter Strafe zu stellen. Huber: „Insofern ist die Stärkung des strafrechtlichen Persönlichkeitsschutzes richtig. Man darf aber auch nicht über das Ziel hinausschießen.“ Nach der Neuregelung wäre grundsätzlich jeder, der auch nur beiläufig unbekleidete Personen – nicht nur Kinder – fotografiert, strafbar. Dies soll sogar auch dann gelten, wenn er die Fotos nur für sich verwendet und nicht weitergibt. „Damit riskiert man künftig bei Urlaubsfotos am Strand eine Strafverfolgung. Das geht zu weit. Wer in gesellschaftlich akzeptiertem und üblichem Rahmen handelt, soll nicht den Staatsanwalt fürchten müssen“, erklärte der Minister.
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