Bericht aus der Kabinettssitzung vom 21. April 2020
1. Bayerische Hilfsprogramme
Der Freistaat Bayern hilft im sozialen und kulturellen Bereich mit einem Volumen von rund 0,5 Mrd. Euro über Bayern. Sie sollen dort Härten abfedern:
• Einrichtungen der stationären Versorgung
In den Krankenhäusern und anderen Einrichtungen der stationären Versorgung haben Corona-Patienten nach wie vor höchste Priorität. Die Staatsregierung hatte mittels Allgemeinverfügung vom 19.03. alle Leistungserbringer – auch Reha-Kliniken – dazu angewiesen, alle nicht notwendigen Behandlungen und Operationen, soweit medizinisch vertretbar, zu verschieben. Wichtig ist dabei, dass den Einrichtungen kein bleibender finanzieller Nachteil für ihren Einsatz entsteht und ihre Liquidität infolge der Corona-Pandemie nicht gefährdet wird. Das am 28.03. in Kraft getretene Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz des Bundes wird jedoch nicht alle finanziellen Fragen der Einrichtungen der stationären Versorgung in Bayern vollumfänglich lösen. Die Staatsregierung wird daher im erforderlichen Umfang nachsteuern und ihrerseits Liquiditätshilfen in folgendem Umfang zur Verfügung stellen:
• Akut-Krankenhäuser
Die Träger von COVID-19-Patienten behandelnden Krankenhäusern erhalten in Anerkennung der besonderen Leistungen je COVID-Patient und Tag eine Sonderzahlung von 70 Euro. Voraussetzung ist die Meldung der behandelten Patienten im Meldesystem IVENA.
• Reine Privatkliniken
Reine Privatkliniken erhalten Ausgleichszahlungen in Höhe von 280 Euro pro Tag und Bett für den Zeitraum vom 16.03.2020 bis 31.07.2020. Sollten Privatkliniken vor dem Ende dieser Frist aus der Pflicht zur Bereithaltung und zum Aufschub planbarer Eingriffe entlassen werden, läuft der Anspruch drei Wochen nach Wirksamwerden dieser Entscheidung, spätestens aber zum 31.07.2020 aus.
• Vorsorge- und Reha-Einrichtungen
Einrichtungen der Vorsorge und Rehabilitation mit Verträgen mit der Gesetzlichen Krankenversicherung erhalten eine Vorhaltepauschale in Höhe von 50 Euro pro Tag im Zeitraum vom 16.03.2020 bis 31.07.2020 als Ergänzung zur Ausgleichszahlungen des Bundes.
Das Gesundheitsministerium wird entsprechende Zuwendungsrichtlinien erlassen. Zur Umsetzung werden 138 Mio. Euro sowie die für den Vollzug erforderlichen Sachmittel aus dem Sonderfonds Corona-Pandemie bereitgestellt.
• Kommunen
Der Bayerischen Staatsregierung ist bewusst, dass die Kommunen ebenso wie der Freistaat aufgrund der Corona-Krise im weiteren Verlauf des Jahres erheblich weniger Steuern einnehmen werden. Die konkreten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die kommunalen Steuereinnahmen können derzeit noch nicht solide abgeschätzt werden. Erste Anhaltspunkte für die Auswirkungen im Gesamtjahr könnte die nächste Steuerschätzung im Mai 2020 ergeben.
Der Freistaat steht auch in dieser einzigartigen Krise als verlässlicher Partner an der Seite seiner Kommunen. Der kommunale Finanzausgleich 2020 ist dabei eine echte Stütze für die bayerischen Kommunen. Mit einem Rekordvolumen von über 10 Mrd. Euro ist er von den aktuellen Entwicklungen im Jahr 2020 grundsätzlich nicht betroffen. Um die Liquidität der Kommunen in den nächsten Monaten kurzfristig zu stärken, werden jedoch bei Schlüsselzuweisungen, Finanzzuweisungen und Investitionspauschalen die festgelegten Auszahlungszeitpunkte innerhalb des Jahres 2020 im Gesamtumfang von 2 Mrd. Euro stufenweise vorgezogen. Der entsprechende Verordnungsentwurf des Finanzministeriums wird nach Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden in Kraft gesetzt.
Außerdem wurden von Seiten des Innenministeriums haushaltsrechtliche Maßnahmen getroffen, um die Zahlungsfähigkeit der bayerischen Kommunen sicherzustellen. Dazu gehört insbesondere eine Lockerung der Regelungen für Kassenkredite.
• Kunst und Kultur
Auch bei soloselbständigen Künstlern sowie Kunst- und Kultureinrichtungen kommt es infolge der Corona-Krise zu spezifischen Härten, da Kultur und Kreativwirtschaft – anders als viele andere Bereiche – noch längere Zeit von Schließungen betroffen sind. Darüber hinaus sind auch die Studentenwerke in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Der Freistaat kommt dem Förderauftrag aus Art. 140 der Bayerischen Verfassung, die Kunst und das kulturelle Leben zu fördern und insbesondere Mittel zur Unterstützung von Künstlern bereitzustellen, mit hohem finanziellem Engagement nach. Die Staatsregierung hat dazu folgende Hilfsprogramme beschlossen:
• Solokünstler
Der Ministerrat hat ein neues Hilfsprogramm für soloselbstständige Künstlerinnen und Künstler in Höhe von bis zu 90 Mio. Euro beschlossen. Es soll bis zu 30.000 in der Künstlersozialkasse versicherte Solokünstler erfassen, die bislang nicht von dem Programm „Soforthilfe Corona“ erfasst werden. Sie sollen über drei Monate monatlich 1.000 Euro erhalten, wenn ihre fortlaufenden Einnahmen aufgrund der Corona-Pandemie zur Sicherstellung des Lebensunterhalts nicht ausreichen. Das Wissenschaftsministerium legt die genauen Fördergrundsätze fest. Das Programm wird über die Bezirksregierungen und die Landeshauptstadt München abgewickelt.
• Staatlich geförderte nichtstaatliche Kunst- und Kultureinrichtungen
Auch bei zahlreichen staatlich geförderten nichtstaatlichen Kunst- und Kultureinrichtungen einschließlich der Sing- und Musikschulen ist mit erheblichen „coronabedingten“ Einnahmeausfällen/Folgekosten zu rechnen. Der Ministerrat hat deshalb 10 Mio. Euro für den Ausgleich von Härten bei diesen Einrichtungen eingeplant. Davon können über 300 Einrichtungen profitieren.
• Studentenwerke
Aufgrund der Corona-Pandemie besteht die Gefahr einer massiven wirtschaftlichen Schieflage durch geschlossene Gastronomiebetriebe (Mensen/Cafeterien) der Studentenwerke. Der Ministerrat hat beschlossen, zum Ausgleich der bei den Bayerischen Studentenwerken anfallenden Sonderlasten einen Betrag von bis zu 5 Mio. Euro aus dem Sonderfonds Corona-Pandemie zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Studentenwerke gegenüber dem Wissenschaftsministerium entsprechende unabweisbar notwendige härtefallbedingte Unterstützungsbedarfe darlegen können.
• Soziales
• Kindertagesbetreuung
Die staatliche angeordnete Schließung von Betreuungseinrichtungen soll finanziell nicht zu Lasten der Eltern gehen. Der Freistaat entlastet deshalb die Eltern bei den Kinderbetreuungsgebühren. Hierfür stellt Bayern rund 170 Mio. Euro bereit.
• Träger der sozialen Dienste und Einrichtungen
Durch die Corona-Krise sind neben Unternehmen auch die Träger der sozialen Dienste und Einrichtungen erheblich wirtschaftlich belastet. Sie sind zumeist gemeinnützig organisiert und können damit anders als gewerbliche Unternehmen kaum Gewinne machen, adäquate Rücklagen bilden oder Kredite aufnehmen. Da die Hilfsprogramme des Bundes und Landes (insbesondere Soforthilfen) bei den sozialen Diensten oft Lücken lassen, greift die Staatsregierung ergänzend ein.
Jugendherbergen, Schullandheime, Jugendbildungsstätten und Familienferienstätten erhalten eine Entschädigung von 60 Prozent der entfallenden Einnahmen bis Ende Juli 2020. Auch für kleinere Träger sozialer Einrichtungen wie Ehe- und Familienberatungsstellen, Jugendwerkstätten, Mütterzentren oder Frauenhäuser sieht der Freistaat Notmaßnahmen vor.
• Organisierter Sport
Der organisierte Sport hat eine große gesundheitliche und gesellschaftliche Bedeutung in Bayern. Insgesamt zählen rund 12.000 Sportvereine und 5.000 Schützenvereine etwa fünf Millionen Mitglieder – das ist mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Bayern. Um die Folgen der Corona-Pandemie abfedern zu können, sollen die Vereine bestmöglich unterstützt werden. Dafür wird die Vereinspauschale in diesem Jahr auf 40 Mio. Euro verdoppelt. Damit ermöglicht die Staatsregierung dem organisierten Sport schnelle und unbürokratische Hilfe in dieser schwierigen Zeit.
2. Strikte Containment- und Tracing-Strategie zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Bayern / Ausbau der Testkapazitäten
Bayern verfolgt eine strikte Containment- und Tracing-Strategie zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Freistaat. Dafür werden dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege weitere sechs Millionen Euro aus dem Sonderfonds Corona-Pandemie zur Verfügung gestellt.
Im Zentrum stehen die frühzeitige Erkennung und Isolierung der COVID-19-Patienten und ihrer engen Kontaktpersonen. Die bisherigen Maßnahmen werden dadurch intensiviert, dass die Anordnung von Quarantäne auf Verdachtsfälle ausgeweitet wird, bis das Testergebnis vorliegt.
Einem konsequent umgesetzten Containment kommt insbesondere bei einer Erleichterung der weitreichenden Ausgangsbeschränkungen eine hohe Bedeutung zu, um die Übertragung von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung so weit wie möglich einzugrenzen Unverzichtbare Voraussetzung für eine strikte Eindämmung ist eine hohe Testkapazität. Ziel ist es, in Bayern dauerhaft eine Laborkapazität von 25.000 bis 30.000 Tests auf SARS-CoV-2 pro Tag vorzuhalten. Zudem soll die Laboruntersuchung binnen zwei Werktagen abgeschlossen sein. Die getesteten Personen sollen dann kurzfristig über das Ergebnis informiert werden.
Auch der Schutz besonders gefährdeter Personengruppen wird weiter verstärkt. Für Pflege- und Behinderteneinrichtungen, deren Bewohner ein hohes Risiko für schwere, auch tödliche Verläufe von COVID-19-Erkrankungen haben, bringt die Taskforce Infektiologie des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mobile Teams in Einsatz.
Darüber hinaus ist eine weitere personelle Verstärkung der Gesundheitsbehörden dringend notwendig. Contact Tracing Teams zur Unterstützung der Kontaktpersonennachverfolgung und Überwachung der Quarantäne-Anordnungen werden schrittweise in Dienst gestellt, prioritär in Regionen mit hohem Infektionsgeschehen. Im Endausbau soll landesweit jeweils ein fünfköpfiges Team pro 20.000 Einwohner bereitstehen.
Parallel ist kurzfristig digitale Unterstützung des Contact Tracings erforderlich. Die Staatsregierung unterstützt die Entwicklung eines gesamteuropäischen Ansatzes zur Kontaktermittlung. Für die Kontaktpersonennachverfolgung und Quarantäneüberwachung wird den bayerischen Gesundheitsämtern zudem eine Softwarelösung zur Verfügung gestellt werden. Die Staatsregierung hat das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gebeten, mit Unterstützung durch das Staatsministerium für Digitales und das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat die erforderlichen Abstimmungen mit dem beauftragten Unternehmen und das Rollout des Systems in den regionalen Gesundheitsbehörden herbeizuführen.
3. Stufenplan zur flexiblen Auslastung der Krankenhaus-Kapazitäten
Der Schutz der Bevölkerung ist oberstes Ziel der Bayerischen Staatsregierung. Das schnelle Hochfahren der Krankenhaus-Kapazitäten und die entschlossene Anpassung der stationären Versorgungsstrukturen sind zentraler Teil der Strategie, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Die deutlich gebremste Verbreitung des Coronavirus ermöglicht es nun, in den Einrichtungen schrittweise in den Regelbetrieb zurückzukehren. Das Infektions- und Versorgungsgeschehen wird dabei laufend beobachtet, um die Strukturen jederzeit wieder an einen höheren Bedarf anpassen zu können.
Durch einen Stufenplan können die stationären Versorgungsstrukturen effizient genutzt werden, ohne eine Überlastung des Gesundheitssystems herauszufordern. Dabei kann die zuständige Regierung Krankenhäusern, Kliniken und Reha-Einrichtungen nach genauem Abwägen wieder eine (teilweise) Tätigkeit in der ursprünglichen Versorgung gestatten. Das schafft Behandlungsperspektiven für Menschen mit nicht-lebensbedrohlichen gesundheitlichen Problemen und ermöglicht Krankenhäusern eine gewisse Planbarkeit. Sollte es die Lage notwendig machen, werden sich diese Einrichtungen jederzeit wieder auf die Bekämpfung der Corona-Pandemie fokussieren.
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Pressemitteilung Nr. 87 der Bayerischen Staatskanzlei ( PDF 137.29 Kb)
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