Bericht aus der Kabinettssitzung vom 16. Juli 2019
1. Staatsregierung beschließt Flächensparoffensive: Umfangreicher Maßnahmenkatalog und fünf Hektar als Richtgröße im Landesplanungsgesetz / Lockerung des Anbindegebots wird zurückgenommen
2. 18. Raumordnungsbericht: Bayerns Wohlstand wächst / Besonders der ländliche Raum profitierte
5. Artenschutz: Bundesratsinitiative für weniger Pestizideinsatz in Privatgärten
1. Staatsregierung beschließt Flächensparoffensive: Umfangreicher Maßnahmenkatalog und fünf Hektar als Richtgröße im Landesplanungsgesetz / Lockerung des Anbindegebots wird zurückgenommen
Die Staatsregierung setzt den im Koalitionsvertrag vereinbarten Weg zur Reduzierung des Flächenverbrauchs in Bayern mit einer umfassenden Flächensparoffensive um. Die Einführung eines Richtwerts für den landesweiten Flächenverbrauch wird mit einem Bündel an Maßnahmen flankiert. Statt Bevormundung kommunaler Entscheidungsträger durch starre Flächengrenzen auf Gemeindeebene setzt die Staatsregierung auf gemeinschaftliche Lösungen und Überzeugung statt Verbote. Insgesamt wird ein sachgerechter Ausgleich zwischen der erforderlichen Reduzierung der Flächeninanspruchnahme einerseits und wichtigen weiteren Anliegen wie der Schaffung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsverhältnisse oder der Schaffung bezahlbaren Wohnraums erreicht. Das Paket ist der Einstieg in einen andauernden Prozess zur nachhaltigen Reduzierung des Flächenverbrauchs.
Kernpunkte sind:
• Die Bayerische Staatsregierung ändert das Bayerische Landesplanungsgesetz (BayLplG) und dessen Grundsätzekatalog mit dem Ziel, einen wesentlichen Beitrag zum Flächensparen zu leisten. Dazu wird eine Ziel- und Richtgröße von fünf Hektar pro Tag für die erstmalige planerische Inanspruchnahme von Freiflächen im Außenbereich für Siedlungs- und Verkehrszwecke eingeführt. Das Fünf-Hektar-Ziel soll schrittweise bis spätestens 2030 erreicht werden.
• Über das benötigte Maß hinaus sollen keine Flächen mehr verbraucht werden. Hierzu sollen Gemeinden künftig den Bedarf neuer Baugebiete nach einheitlichen Kriterien darlegen und die entstehenden Folgekosten darstellen müssen.
• Dabei soll das Landesentwicklungsprogramm (LEP) im Hinblick auf das Flächensparen künftig eng ausgelegt werden.
• Ein Leerstandsmanagement zur Erfassung leerstehender Gebäude oder unbebauter Grundstücke im Innenbereich von Dörfern oder Städten soll flächendeckend eingeführt werden.
• Die tatsächliche Versiegelung von Grund und Boden soll erfasst werden, da Flächenverbrauch durch Asphaltierung anders ins Gewicht fällt als etwa durch Randstreifen und Böschungen bei Straßen, sowie Sport- oder Golfplätze.
• Flächensparmanager sollen an den Regierungen eingesetzt werden, die koordinierend und beratend tätig werden.
• Regionalkonferenzen und regelmäßige Veranstaltungen sollen Entscheidungsträger und eine breite Öffentlichkeit zum Thema Flächensparen sensibilisieren. Hier werden auch Sammlungen und Veröffentlichungen von Best-Practice-Beispielen eine wichtige Rolle spielen.
• Bauplanungsrecht:
Hier ergreift Bayern die Initiative, um über den Bundesgesetzgeber Gebäudeaufstockungen und Nachverdichtungen zu erleichtern.
Ebenso soll bei der Stellplatzpflicht platzsparenden Lösungen wie Tiefgaragen oder Parkhäusern der Vorzug gegeben werden.
Darüber hinaus soll ein vereinfachtes Abstandsflächenrecht in der Bauordnung zu höherem und dichterem Bauen führen.
• Bayern macht zudem die Lockerungen beim Anbindegebot wieder rückgängig. Mit den Lockerungen des Anbindegebots 2018 sollte die Ansiedlung von Gewerbebetrieben erleichtert werden. Ob weitere Änderungen am Anbindegebot erforderlich sind, bleibt einer Evaluierung vorbehalten.
• Schnellere und größere Erfolge können dann erzielt werden, wenn sich Kommunen und Privatpersonen ebenso wie der Freistaat um das Flächensparen bemühen. Daher sollen die Informations- und Beratungsangebote der Staatregierung insbesondere für Kommunen, aber auch für den privaten Bereich deutlich ausgebaut werden.
2. 18. Raumordnungsbericht: Bayerns Wohlstand wächst / Besonders der ländliche Raum profitierte
Das Kabinett hat heute den 18. Raumordnungsbericht beraten. Er umfasst die Jahre 2013 bis 2017. Gerade der ländliche Raum und strukturschwächere Regionen verzeichnen eine positive Entwicklung. Dies belegen Daten zu Bevölkerung, Wirtschaft und Beschäftigung.
So nahm beispielsweise die Bevölkerung Bayerns im Berichtszeitraum 2013 bis 2017 um 3,8 Prozent auf nun über 13 Millionen Einwohner zu. Das Plus von 480.000 Personen verteilte sich auf alle Gebietskategorien, wie den Verdichtungsraum (+ 4,8 Prozent), den ländlichen Raum (+ 3,0 Prozent) und den Raum mit besonderem Handlungsbedarf (+ 1,5 Prozent).
Auch die Wirtschaftskraft entwickelte sich weiterhin positiv. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner stieg zwischen 2012 und 2016 um 11,7 Prozent auf rund 44.200 Euro und lag damit deutlich über dem gesamtdeutschen Wert (rund 38.400 Euro). Bemerkenswert ist, dass sowohl der ländliche Raum (+ 12,1 Prozent) als auch der Raum mit besonderem Handlungsbedarf (+ 11,9 Prozent) höhere Zuwächse als der Verdichtungsraum (+ 10,9 Prozent) verbuchen konnten. Damit beweist der ländliche Raum seine Attraktivität.
Die Staatsregierung setzt sich weiterhin mit aller Kraft für die Verwirklichung des landesentwicklungspolitischen Leitziels, der gleichwertigen Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Teilräumen, ein. Dafür arbeitet die Staatsregierung mit Bürgern, Wirtschaft, Kommunen und vielen weiteren Partnern zusammen. Eine große Anzahl von Initiativen und Maßnahmen wurde bereits realisiert. Besonders erwähnenswert ist die Umsetzung der Heimatstrategie 2014. Darunter fallen so wichtige Themen wie „Strukturentwicklung für ganz Bayern“, „Breitbandausbau“, „Behördenverlagerungen“, „Kommunaler Finanzausgleich“ sowie „Teilfortschreibung Landesentwicklungsplan“. Der Klimaschutz war im Berichtszeitraum ebenfalls ein entscheidendes Thema. Seit 2008 hat Bayern rund eine Milliarde Euro in Klimaschutz, Energie und zugehörige Innovationen investiert.
3. Ministerrat befürwortet Optimierungen der Planungen für die 2. Stammstrecke / Berücksichtigung der U9, Verlegung des Halts am Ostbahnhof an die Friedenstraße und verbessertes Rettungskonzept / Neues elektronisches Stellwerk am Ostbahnhof auf 2023 vorgezogen für weniger Störanfälligkeit im S-Bahnbetrieb
Die Staatsregierung bekräftigt ihre Haltung zur 2. Stammstecke als zentrales Element für die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Personennahverkehrs in München. Der Ministerrat gab heute grünes Licht für die von der Deutschen Bahn vorgeschlagenen Optimierungen bei der Planung: Am Hauptbahnhof werden Vorhaltemaßnahmen für den von der Landeshauptstadt München beabsichtigten Bau der Entlastungsspange U9 vorgesehen. Im Ostabschnitt ändert die Deutsche Bahn die Trassenführung und ermöglicht es dadurch, die Haltestelle „Ostbahnhof“ an die Friedenstraße zu verlegen. Zudem sehen die Planungen ein neues Rettungskonzept mit einer dritten Röhre als Flucht- und Rettungstunnel vor. Die Deutsche Bahn als Vorhabenträgerin hat unter Berücksichtigung der U9 Vorhaltemaßnahmen, der Neutrassierung des Ostabschnittes und des neuen Rettungskonzeptes eine Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke bis Ende 2028 in Aussicht gestellt. Das neue elektronische Stellwerk am Ostbahnhof soll nun bereits 2023 realisiert werden.
Die von der Landeshauptstadt München geplante „Entlastungsspange U9“ soll die 2. Stammstrecke im Bereich des Hauptbahnhofs kreuzen. Um einen späteren Bau der U9 zu ermöglichen, werden bereits jetzt Vorhaltemaßnahmen getroffen. Diese umfassen im Wesentlichen einen Rohbau der U-Bahn-Station. Damit werden die Weichen für den weiteren Ausbau des ÖPNV in München gestellt.
Die geänderte Trassenführung im Ostabschnitt mit einem Halt an der Friedenstraße statt am Orleansplatz wird die Bauausführung deutlich erleichtern und beschleunigen. Außerdem wird der Halt an der Friedenstraße auch das östlich des Ostbahnhofs entstehende neue Werksviertel mit circa 3.000 Einwohnern und dem geplanten Konzerthaus optimal anbinden. Gleichzeitig soll durch die Optimierung des Ostabschnitts eine deutliche Steigerung der Stationskapazität ermöglicht werden.
Darüber hinaus hat die Deutsche Bahn zugesagt, im Rahmen der neuen Lösung das störungsanfällige Relaisstellwerk am Ostbahnhof durch ein modernes Elektronisches Stellwerk (ESTW) zu ersetzen. Diese deutliche Verbesserung für die S-Bahn-Fahrgäste soll nun bereits 2023 erfolgen – nicht wie zunächst geplant erst nach Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke. Dies ist ein wichtiger Beitrag für deutlich weniger Störanfälligkeit und stabileren und pünktlicheren S Bahnbetrieb in München.
Außerdem beinhalten die Optimierungen ein neues Rettungskonzept mit einem Rettungstunnel zwischen den beiden Hauptröhren. Damit können mehrere Rettungsschächte entfallen, deren Ausgänge sich in Wohngebieten befunden hätten, einschließlich der dafür erforderlichen Baumaßnahmen. In der Bauphase können so Beeinträchtigungen für die Anwohner deutlich verringert werden. Im Notfall kann zudem eine schnellere Evakuierung und ein leichterer Zugang der Rettungskräfte zu den Hauptröhren ermöglicht werden.
4. Bayern will Verbraucherrechte stärken / Haftung von E-Commerce-Plattformen für Angebote ausländischer Anbieter / Kabinett beschließt Bundesratsinitiative
Die Staatsregierung setzt sich für bessere Verbraucherrechte im E Commerce ein und will mit einer Bundesratsinitiative eine weitergehende Haftung von E-Commerce-Plattformbetreibern erreichen. Der Online-Handel ist von globalen Warenströmen immens betroffen. Die EU sieht zwar ab 2021 eine Stärkung der Rechte der Marktüberwachungsbehörden der Mitgliedsstaaten bei der Kontrolle von Online-Plattformen und Verbesserungen in der Zusammenarbeit vor. Aus Sicht der Staatsregierung kommen diese Maßnahmen angesichts der Dynamik der E-Commerce-Entwicklung zu spät und sind nicht ausreichend. Ziel soll aus bayerischer Perspektive vielmehr sein, dass Plattformbetreiber auch für Unternehmen, die solche Plattformen nutzen und außerhalb der EU ihren Sitz haben, die Haftung übernehmen, falls europäische und deutsche Bestimmungen verletzt werden.
Warenkäufe europäischer Kunden über die europäischen Außengrenzen hinaus nehmen immer mehr zu. Mittlerweile kaufen deutsche Verbraucher Güter im Wert von rund 5 Milliarden Euro bei Online-Anbietern aus dem Ausland, insbesondere China, meist vermittelt über Online-Plattformen. 28 Prozent aller Topseller auf einer der größten Online-Plattformen sind inzwischen chinesische Händler. Ein weiteres Wachstum ist absehbar. Der große Zustrom von Online angebotenen Waren insbesondere aus Drittländern stellt die Marktüberwachung jedoch vor große Probleme, was an der großen Zahl der Anbieter, der Flexibilität von Internetangeboten und auch dem Sitz der Anbieter in Drittstaaten liegt. Viele dieser Anbieter halten sich nicht oder unzureichend an europäische Bestimmungen zur Produktsicherheit oder etwa auch an Umweltauflagen. Für inländische Händler und auch Hersteller entstehen dadurch zunehmend gravierende Wettbewerbsnachteile. Verbraucher können durch die Waren unmittelbar geschädigt werden.
Die Bedeutung des Online-Handels ist in den letzten Jahren immens gestiegen. Mittlerweile entfallen auf den Online-Handel rund 14 Prozent der gesamten deutschen Einzelhandelsumsätze und damit rund 53,6 Milliarden Euro. Parallel dazu nimmt innerhalb des E-Commerce die Bedeutung von Online-Plattformen eine immer größere Rolle ein.
5. Artenschutz: Bundesratsinitiative für weniger Pestizideinsatz in Privatgärten
Die Staatsregierung hat sich mit dem Versöhnungsgesetz und dem Maßnahmenkatalog zum Volksbegehren das Ziel gesetzt, die Herausforderungen im Artenschutz gemeinsam mit allen relevanten Akteuren in Staat, Kommunen und Gesellschaft anzugehen. Flankierend wird Bayern in einer Bundesratsinitiative den Bund dazu auffordern, eine Strategie zur Verringerung des Pestizideinsatzes in Haus- und Kleingärten zu entwickeln und hierzu verbindliche gesetzliche Vorgaben zu erlassen. Im Rahmen der vom Bund bereits beschlossenen Glyphosatminderungsstrategie soll in einem ersten Schritt der Glyphosateinsatz in Haus- und Kleingärten verboten werden.
Der Artenschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Daher ist es für wirksamen Artenschutz entscheidend, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch in Privatgärten reduziert wird.
Ministerialdirigentin Dr. Sabine Jarothe, derzeit Abteilungsleiterin im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, wird mit Wirkung vom 01.08.2019 die Funktion der Amtschefin im Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie übertragen. Zum selben Zeitpunkt wird Ministerialdirigentin Dr. Ulrike Wolf-Prexler, derzeit Abteilungsleiterin im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, die Funktion einer Ministerialdirektorin im Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie übertragen.“
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Pressemitteilung-Nr.-153-vom-16.-Juli-2019( PDF 149.17 Kb)
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