Bericht aus der Kabinettssitzung vom 31. August 2021
Corona-Pandemie: Neue Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ab 2. September 2021 / 7-Tage-Infektionsinzidenz wird durch Krankenhausampel als Indikator ersetzt / Im Innenbereich grundsätzlich 3G-Grundsatz / Medizinische Maske wird neuer Maskenstandard
Die vierte Welle der Corona-Pandemie erreicht den Freistaat. Jedoch gelten nun andere Voraussetzungen und Rahmenbedingungen: Denn Impfen wirkt. Rund 65 % der Bürgerinnen und Bürger Bayerns über 12 Jahre haben sich vollständig impfen lassen und schützen sich selbst und die Menschen in ihrem Umfeld bestmöglich vor dem Corona-Virus und einer COVID-19-Erkrankung. Sie haben einen wesentlichen Beitrag dafür geleistet, dass diese Welle milder verlaufen kann. Dafür gilt den Bürgerinnen und Bürgern der ausdrückliche Dank der Bayerischen Staatsregierung. Zugleich ist ausreichend Impfstoff vorhanden, sodass jeder, der noch nicht geimpft ist, sofort ein Impfangebot annehmen kann.
Diese neuen Voraussetzungen ermöglichen neues Handeln in der Pandemiebekämpfung: Beschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens müssen nicht mehr von den reinen Infektionsinzidenzwerten abhängig gemacht werden. Die fortgeschrittene Impfkampagne erlaubt es, mit neuen Leitindikatoren einer Krankenhausampel vor allem die Belastung des Gesundheits- und Krankenhaussystems in den Blick zu nehmen. Wir werden dabei bisherige Beschränkungen vereinfachen und Detailregelungen so weit wie möglich aufheben. Basis für Öffnungen bleiben das 3G-Prinzip mit Freiheiten für Geimpfte, Genesene und Getestete. Vor diesem Hintergrund beschließt die Staatsregierung:
1. Es wird eine neue, 14. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung erlassen, die am 2. September in Kraft tritt und bis einschließlich 1. Oktober (Freitag) gilt.
2. Die 7-Tage-Infektionsinzidenz als das bisher dominierende Kriterium in der Pandemiebekämpfung wird abgelöst. Mit ihr entfallen auch alle bisher inzidenzabhängigen Regelungen. Lediglich für die Anwendung von 3G (ab Inzidenz 35 als Startpunkt) bleibt die 7-Tage-Infektionsinzidenz relevant.
3. An die Stelle der 7-Tage-Infektionsinzidenz tritt eine neue Krankenhausampel als Indikator für die Belastung des Gesundheitssystems.
• Stufe Gelb ist erreicht, sobald bayernweit innerhalb der jeweils letzten 7 Tage mehr als 1.200 Patienten mit einer COVID-19-Erkrankung in Krankenhäuser aufgenommen werden mussten. Das entspricht einer bayernweiten Hospitalisierungs-Inzidenz von 9,13 je 100.000 Einwohner. Sobald Stufe Gelb erreicht ist, beschließt die Staatsregierung weitergehende Maßnahmen, beispielsweise:
(1) Anhebung des Maskenstandards auf FFP2.
(2) Kontaktbeschränkungen.
(3) Erfordernis, als Testnachweis einen PCR-Test vorzulegen (außer in der Schule).
(4) Personenobergrenzen für öffentliche und private Veranstaltungen.
• Stufe Rot ist erreicht, sobald mehr als 600 Patienten mit einer COVID-19-Erkrankung auf den bayerischen Intensivstationen liegen (maßgeblich sind die Zahlen des DIVI-Intensivregisters). Sobald Stufe Rot erreicht ist, wird die Staatsregierung neben den bereits für Stufe Gelb geltenden Regelungen umgehend weitere Maßnahmen verfügen, um die dann akut drohende Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.
4. Ab einer 7-Tage-Infektionsinzidenz von über 35 im Landkreis oder in der kreisfeien Stadt gilt indoor breitflächig der 3G-Grundsatz: Persönlichen Zugang haben deshalb nur Geimpfte, Genesene oder aktuell Getestete. Dies betrifft öffentliche und private Einrichtungen, Veranstaltungen, Sportstätten, Fitnessstudios, die gesamte Kultur, Theater, Kinos, Museen, Gedenkstätten, Gastronomie, Beherbergung, die Hochschulen, Krankenhäuser, Bibliotheken und Archive, die außerschulischen Bildungsangebote wie Musikschulen und die Erwachsenenbildung, außerdem Freizeiteinrichtungen einschließlich Bäder, Thermen, Saunen, Seilbahnen und Ausflugsschiffe, Spielbanken, den touristischen Reisebusverkehr und ähnliches. Für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, gibt es Ausnahmen. Schüler gelten mit Blick auf die regelmäßigen Tests in der Schule als getestet.
In Alten- und Pflegeheimen, auf Messen und bei größeren Veranstaltungen über 1.000 Personen gilt 3G inzidenzunabhängig indoor wie outdoor.
Ausgenommen vom 3G-Grundsatz sind Privaträume, Handel, der ÖPNV, Veranstaltungen ausschließlich unter freiem Himmel bis 1.000 Personen, Gottesdienste sowie Versammlungen im Sinne von Art. 8 Grundgesetz. Für Schule und Kita gelten die bereits bekannten Sonderregelungen.
Die Einhaltung der 3G-Regeln muss vom Betreiber kontrolliert werden. Gäste und Besucher sowie Betreiber, die sich nicht daran halten, müssen mit einem Bußgeld rechnen.
5. Die FFP2-Maskenpflicht entfällt. Die medizinische Maske („OP-Maske“) ist der neue Maskenstandard. Außerdem wird künftig überall wie folgt differenziert:
• Unter freiem Himmel gibt es künftig generell keine Maskenpflicht mehr. Ausgenommen sind lediglich die Eingangs- und Begegnungsbereiche größerer Veranstaltungen (ab 1.000 Personen).
• In geschlossenen Räumen gilt umgekehrt immer eine generelle Maskenpflicht. Ausgenommen sind Privaträume, außerdem der Platz in der Gastronomie sowie jeder feste Sitz- oder Stehplatz, wenn er zuverlässig den Mindestabstand von 1,5 m zu anderen festen Plätzen einhält, die nicht mit eigenen Haushaltsangehörigen besetzt sind. Für Beschäftigte gelten wie bisher auch die arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen.
• Im ÖPNV und im Fernverkehr gilt die Maskenpflicht (künftig OP-Maske) ausnahmslos. In Schule und Kita sowie Alten- und Pflegeheime gelten Sonderregelungen.
6. Die allgemeinen Kontaktbeschränkungen entfallen ersatzlos.
7. Die bisherigen Personenobergrenzen für private und öffentliche Veranstaltungen entfallen. Für folgende Veranstaltungen (Sport, Kultur, Kongresse etc.) gilt:
• Bis 5.000 Personen darf die Kapazität zu 100 % genutzt werden.
• Für den 5.000 Personen überschreitenden Teil darf 50 % der weiteren Kapazität des Veranstaltungsorts genutzt werden.
• Es sind maximal 25.000 Personen zulässig. Dies entspricht dem Beschluss der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 10. August 2021.
• Innerhalb dieses Rahmens dürfen unbegrenzt auch Stehplätze ausgewiesen werden.
• Wird der Mindestabstand indoor unterschritten, gilt nach den allgemeinen Regeln allerdings ständige Maskenpflicht, die vom Veranstalter zu gewährleisten ist. Hierzu wird es daher auch einen Bußgeldtatbestand für Veranstalter und Teilnehmer geben.
• Bei Veranstaltungen ab 1.000 Personen muss der Veranstalter ein Infektionsschutzkonzept nicht nur ausarbeiten und beachten, sondern auch unverlangt der Kreisverwaltungsbehörde vorab zur Durchsicht vorlegen.
8. Oberstes Ziel für die Schule ist der Präsenzunterricht. Hier gilt:
• Regelungen zum Wechselunterricht ab einer Inzidenz von 100 werden ersatzlos gestrichen.
• Zum Unterrichtsbeginn im neuen Schuljahr 2021/2022 (14. September) gilt als besondere Schutzmaßnahme bis auf Weiteres eine inzidenzunabhängige Maskenpflicht – auch nach Einnahme des Sitz- bzw. Arbeitsplatzes. In der Grundschulstufe können dabei wie bisher Stoffmasken verwendet werden, für Lehrkräfte sowie für Schülerinnen und Schüler ab Jahrgangsstufe 5 gilt die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske.
• Die Tests an den Schulen werden nochmals ausgeweitet: In der Grundschulstufe sowie an Förderschulen mit den Schwerpunkten geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung sowie Sehen wird – sobald hierfür die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen sind – zwei Mal pro Woche ein PCR-Pool-Test („Lollitest“), im Ãœbrigen sowie an weiterführenden Schulen drei Mal pro Woche ein Selbsttest durchgeführt. Das bedeutet: Bis die Lollitests in der Grundschule zur Verfügung stehen, wird auch dort drei Mal wöchentlich getestet.
• Im Interesse eines möglichst verlässlichen Schulunterrichts in Präsenz und zur Gewährleistung einer Betreuung der Kinder in den Kindertageseinrichtungen ist die Anordnung einer Quarantäne von Kontaktpersonen möglichst auf wenige Fälle zu beschränken. Gibt es einen Infektionsfall in der Klasse, soll anders als bisher nicht immer für die gesamte Klasse Quarantäne festgelegt werden, sondern Quarantäne mit Augenmaß. Sie ist dann auf die Schülerinnen und Schüler einzugrenzen, die unmittelbaren und ungeschützten engen Kontakt zum erkrankten Schüler hatten, und kann bei negativem PCR-Test nach fünf Tagen auch schnell wieder enden. Das Gesundheitsamt entscheidet im Einzelfall. Beim korrekten Einsatz von Luftreinigungsgeräten kann es auf eine Quarantäne der anderen Schüler sogar vollständig verzichten. Bei den übrigen Schülerinnen und Schülern der Klasse können für eine gewisse Zeit tägliche Testungen durchgeführt werden.
• Schließlich kann im Rahmen der angepassten STIKO-Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche eine Corona-Schutzimpfung auch während der Unterrichtszeit angeboten und durchgeführt werden.
9. Neben dem Schulbetrieb hat die Sicherstellung des Regelbetriebs in den Kinderbetreuungseinrichtungen oberste Priorität. Die Regelungen zum eingeschränkten Regelbetrieb ab einer Inzidenz von 100 werden auch hier ersatzlos gestrichen. Das Angebot für zweimal wöchentliche Testungen für betreute Kinder ist ein wichtiger Baustein, um Corona-Infektionen frühzeitig zu erkennen. Deshalb wird das bewährte Testkonzept mit Berechtigungsscheinen auch im neuen Kitajahr 2021/2022 bis Ende des Jahres 2021 in Kooperation mit den Apotheken fortgesetzt. Auch hier wird es bei einem Infektionsfall Quarantäne nur mit Augenmaß unter Berücksichtigung der Belange der Kinder und Kinderbetreuungseinrichtungen geben.
10. Für die Hochschulen gelten die allgemeinen Regelungen zu 3G und Maskenpflicht. Damit wird für das kommende Semester Präsenzlehre wieder umfassend möglich sein. Es gilt aber nach allgemeinen Regeln Maskenpflicht auch am Platz, wenn in den Hörsälen der Abstand von 1,5 m nicht eingehalten wird. Tests werden für Studenten mit Studentenausweis weiterhin kostenlos bereitgestellt.
11. Gottesdienste und Versammlungen indoor nach Art. 8 GG können künftig ohne die bisherigen Beschränkungen der Personenzahl durchgeführt werden, wenn an ihnen nur Geimpfte, Genesene oder Getestete teilnehmen (3G). Andernfalls bleibt es bei den bisherigen Beschränkungen nach Platzangebot. Die Maskenpflicht richtet sich künftig nach den neuen allgemeinen Regeln (damit entfällt insb. FFP2). Das im Gottesdienst bisher geltende Gesangsverbot ab Inzidenz 100 entfällt ebenso wie das bisherige Verbot von großen religiösen Veranstaltungen.
12. In der Gastronomie entfällt die bisherige coronabedingte Sperrstunde (bisher 1 h). Im Übrigen gelten auch hier künftig die allgemeinen Regelungen zu 3G und Maskenpflicht.
13. Im Bereich der Beherbergung entfallen die bisherigen Einschränkungen, wonach Zimmer nur im Rahmen der Kontaktbeschränkungen vergeben werden dürfen. Im Rahmen von 3G genügt es hier, wenn Test wie bisher bei Ankunft und danach jede 72 Stunden vorgelegt werden. Im Übrigen gelten die allgemeinen Regelungen insb. zur Maskenpflicht.
14. In Handel, Dienstleistungen und Freizeiteinrichtungen entfallen die bisherigen quadratmetermäßigen Kunden- oder Besucherbeschränkungen. Die Maskenpflicht richtet sich nach der allgemeinen Grundregel.
15. Bei Messen entfällt wie im Handel die flächenabhängige Besucherbegrenzung. Stattdessen wird eine neue tägliche Besucherobergrenze von 50.000 Personen eingeführt. Es gilt immer 3G. Die Maskenpflicht richtet sich nach der allgemeinen Grundregel.
16. Volksfeste („öffentliche Festivitäten“) bleiben untersagt. Für Ersatzveranstaltungen, die im Wege von Einzelfallausnahmen möglich bleiben, gilt inzidenzunabhängig 3G.
17. Es ist geplant, Clubs und Diskotheken mit Blick auf Reiserückkehrer aus den Ferien mit einem zeitlichen Sicherheitsabstand erst ab Anfang Oktober wieder zu öffnen. Der Zugang soll dann nur für Geimpfte und Genesene sowie für Getestete mit PCR-Test möglich sein.
18. Die Verordnung wird grundlegend vereinfacht und gestrafft. Die aufgrund der künftig allgemein geltenden Regelungen zu 3G und Maskenpflicht entbehrlich gewordenen Sonderbestimmungen zu Versammlungen nach Art. 8 GG, betrieblichen Unterkünften, außerschulischer Bildung, Bibliotheken, Archiven und zum Prüfungswesen entfallen. Erhalten bleibt im bisherigen Umfang die Notwendigkeit spezifischer Infektionsschutzkonzepte in den Bereichen, in denen sie bisher bestanden, sowie das Alkoholverbot auf öffentliche Verkehrsflächen und Sportstätten.
19. Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wird nun die nötigen Rechtsänderungen vornehmen und den zugehörigen Bußgeldkatalog anpassen.
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Pressemitteilung Nr. 126 vom 31. August 2021( PDF 123.82 Kb)
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